M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Pro forma financial information”

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In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.

Obgleich keine feste Definition für Pro forma financial information existiert, handelt es sich dabei meist um Zahlenwerke, die nicht (wie etwa die Zahlen des Jahresabschlusses) allein auf den tatsächlichen Daten der Buchhaltung aufbauen, sondern angepasst wurden, um eine bestimmte Annahme oder ein bestimmtes Szenario darzustellen. Anlass für solche Pro-forma-Darstellungen ist der Wunsch, ein Zahlenwerk darzulegen, das zugrundeliegende Trends aufzeigt und/oder als Vergleichsbasis für die zukünftige Entwicklung herangezogen werden kann. 

Ein Anwendungsfeld für Pro-forma-Anpassungen ist die Darstellung von Ganzjahres-Effekten unterjähriger Veränderungen: Die Pro-forma-Zahlen stellen die Ertragslage dann so dar, als habe die neue Situation bereits seit Jahresanfang bestanden. Häufig geschieht dies z.B. bei Geschäftserweiterungen, etwa beim Kauf einer Filiale oder einer Fabrik: Die Pro-forma-Anpassungen stellen den Ganzjahreseffekt dieser Veränderung auf die Ertragslage dar, als wäre der Kauf bereits zu Jahresanfang erfolgt, um so eine Vergleichsbasis für zukünftige Perioden zu schaffen. Dazu werden die Erträge und Aufwendungen der neuen Filiale von Jahresanfang bis zum Kaufdatum zu den Werten aus der Buchhaltung addiert, in der die neue Filiale erst seit dem Eigen­tums­übergang geführt wird. Meist werden solche retroaktiven Pro-forma-Anpassungen nicht nur für die betroffene Periode vorgenommen, sondern auch für die Vorperiode(n), um die Ertragslage des heutigen Geschäftsumfangs im Zeitverlauf betrachten zu können (sog. „like-for-like-Betrachtung”). Weitere häufige like-for-like-Anpassungen sind die Ausklammerung der Zahlen einer eingestellten Produktgruppe oder nicht länger bedienter Märkte oder auch verlorener oder hinzugewonnener Kunden. 

Jenseits solcher like-for-like-Anpassungen für die Darstellung eines veränderten Geschäftsumfangs können Pro-forma-Anpassungen auch zukunftsorientiert sein. So werden etwa bei Unternehmen, die statt durch Zukäufe bestehender Filialen vielmehr durch die Eröffnung und den Ausbau eigener neuer Filialen wachsen, Pro-forma-Anpassungen vorgenommen. In diesem Falle werden die in der jeweiligen Anlaufphase noch niedrigen Ergebnisse solcher jungen Filialen durch solche ersetzt, die der vollen Ausbaustufe entsprechen (sog. „Run-Rate”), etwa durch Zuhilfenahme von Ergebnissen vergleichbarer Filialen, die die Anlaufphase bereits erfolgreich abgeschlossen haben. 

Pro-forma-Anpassungen können auch vorgenommen werden, um die Auswirkungen außerordentlicher (d.h. nicht wiederkehrender) Ereignisse heraus zu rechnen. Die Corona-Krise kann für viele Unternehmen als ein solches außerordentliches Ereignis angesehen werden: Im Beispiel einer Fast-Food-Kette, die aufgrund eines Lockdowns einige ihrer Filialen schließen musste, ist eine Pro-forma-Anpassung denkbar, bei der die Zahlen dieser Filialen für die betroffenen Wochen und Monate (keine Umsätze, jedoch unverändert oder nur geringfügig niedrigere Kosten) durch die Zahlen des entsprechenden Vorjahreszeitraums oder aber durch die Zahlen vergleichbarer, nicht betroffener Filialen ersetzt werden. Die so erhaltene Pro-forma-Darstellung zeigt ein „als ob”-Szenario, das ggf. eine bessere Grundlage zur Beurteilung und Abschätzung der zukünftigen Entwicklung bietet als die durch den Lockdown signifikant beeinträchtige Ertragslage, die im tatsächlichen Jahresabschluss 2020 abzulesen sein wird (solange keine langfristigen Corona-Effekte und auch kein weiterer Lockdown erwartet werden). 

Bei der Erstellung von Pro-forma-Zahlen ist es wichtig, auch Nebeneffekte zu eliminieren, die auf denselben Anlass zurückzuführen sind, wie die Anpassung selbst, auch dann, wenn solche Nebeneffekte sich ggf. außerhalb des eigentlichen Anpassungszeitrums niedergeschlagen haben. Im Beispiel der Anpassung des Lockdown-Effektes bei der Fast-Food-Kette wären solche Nebeneffekte etwa verringerte Nachzahlungen für Stromkosten oder der Erhalt von Kurzarbeitergeld oder anderen Staatshilfen. 

Zu guter Letzt können Pro-forma-Anpassungen auch vorgenommen werden, um Einmaleffekte aus Änderungen von Rechnungslegungsvorschriften oder der Ausübung von Bilanzierungswahlrechten zu eliminieren. Dazu werden – wie auch bei like-for-like-Darstellungen – die Zahlen der aktuellen und der Vorperiode so anpasst, als fände die neue Vorschrift bzw. die Ausübung des Wahlrechts bereits seit jeher Anwendung.

Fazit

Bei richtiger Anwendung können Pro-forma-Zahlen dabei helfen, die historische und zukünftige Ertragslage eines Unternehmens einzuschätzen und miteinander zu vergleichen. Wichtig ist bei jeder Pro-forma-Anpassung, dass diese klar als solche gekennzeichnet wird und auch die Vorgehensweise bei der Anpassung klar erläutert wird. So kann der jeweilige Adressat erkennen, dass es sich nicht um Zahlen der tatsächlichen Jahres- oder Quartalsabschlüsse handelt, und wie die Zahlen verändert wurden bzw. welche Ermessensspielräume dem Ersteller der Pro-forma-Zahlen zur Verfügung standen.

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