Strukturierung eines M&A-Prozesses über Singapur

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veröffentlicht am 24. Februar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Singapur ist ein anerkannter, internationaler Hub und ein wichtiges Tor zu Investitions­­vor­haben in Südostasien. Eine Gesellschaft in Singapur, die Unternehmen in der Region hält, kann für die gesamte Unternehmensgruppe von Vorteil sein und auch für M&A-Deals oder eine Unternehmensumstrukturierung genutzt werden.


Singapurs stabile politische Rahmenbedingungen, das verlässliche Rechtssystem mit etablierter Rechts­staatlichkeit, das unternehmensfreundliche steuerliche Umfeld, die effiziente Verwaltung sowie ein umfangreiches Netz von Investitionsschutz- und Doppelbesteuerungs-Abkommen machen es zu einem herausragenden Standort, um Investitionen in die Region zu strukturieren und zu realisieren.

Auch während der aktuellen Covid-19-Pandemie lassen sich Transaktionen erfolgreich elektronisch abwickeln. Singapur hat eine digitalisierungsaffine Verwaltung (die elektronische Einreichung ist für die meisten Anträge und Dokumente möglich). Zudem sind elektronische Signaturen unter dem „Electronic Transactions Act” allgemein anerkannt, wirksam und für die Parteien bindend.

Im folgenden Artikel werden die steuerlichen Überlegungen, die Investitionsphasen bei der Strukturierung eines Geschäfts über eine singapurische Holdinggesellschaft sowie die Methoden der Streitbeilegung im Land erörtert.

 

Steuerliche Erwägungen

Das Steuersystem von Singapur funktioniert auf territorialer Basis. Ausländische Einkünfte, die nicht aus Singapur stammen oder nach Singapur überwiesen werden, unterliegen in Singapur nicht der Steuer. Singapur hat einen vergleichsweise niedrigen Körperschaftssteuersatz von 17 Prozent mit teilweisen Steuerbefreiungen auf die ersten 200.000 Singapur-Dollar (SGD) steuerpflichtiges Einkommen. Weitere Steuerermäßigungen können für qualifizierte Unternehmen gewährt werden.

Steuerlich absetzbar sind Zinsaufwendungen für Gelder, die für den Erwerb von Betriebsvermögen verwendet werden. Darüber hinaus gibt es Steueranreize durch das „Approved Global Trader Program” (reduzierter Steuersatz von fünf oder zehn Prozent), das „Foreign Treasury Centre” (reduzierter Steuersatz von acht Prozent), das „International/Regional Headquarters Programm” (reduzierter Steuersatz von fünf oder zehn Prozent), erhöhte Abzüge für qualifizierte Forschung & Entwicklung (R&DD) sowie Abschreibungsmöglichkeiten für den Erwerb von geistigem Eigentum.

Es gibt keine Steuer auf Kapitalgewinne; Dividenden, die von einer singapurischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, unterliegen nicht der Quellensteuer. Nicht genutzte Kapitalfreibeträge und Handelsverluste können auf unbestimmte Zeit vorgetragen werden (unter bestimmten Bedingungen).

Singapur verfügt über ein umfangreiches Netz von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA), die die Steuerlast weiter reduzieren können. Unter bestimmten Bedingungen können Investoren Steuerbe­freiungen auf eingehende Dividenden, Gewinne ausländischer Niederlassungen und ausländische Dienst­leistungserträge in Anspruch nehmen, sowie von der Gewissheit profitieren, dass Kapitalgewinne aus der Veräußerung von Investitionen nicht besteuert werden [1].

Nachstehend ein Beispiel für eine häufig in Anspruch genommene Steuerbefreiung: SingCo hat eine Tochter­gesellschaft in Indonesien, die Einkünfte aus dem Verkauf von Ölsaaten erzielt. IndoCo meldet ihre Einkünfte in ihren indonesischen Steuererklärungen und deklariert ihre Nachsteuergewinne als Dividenden an SingCo. Wenn SingCo ein Steuerinländer in Singapur ist, unterliegen die Dividenden nicht der Steuer in Singapur.

Eine weitere häufige Konstellation mit Berufung auf ein DBA: SingCo leiht IndoCo ein verzinsliches Darlehen. Da SingCo in Singapur steuerlich ansässig ist, ist die indonesische Quellensteuer auf die von SingCo erhaltenen Zinserträge nach dem DBA Indonesien-Singapur auf zehn Prozent begrenzt. Der Quellensteuersatz außerhalb des DBA betrüge 20 Prozent.

In Singapur wird die steuerliche Ansässigkeit eines Unternehmens durch den Ort bestimmt, an dem das Unternehmen kontrolliert und gemanagt wird [2].  Der Ansässigkeitsstatus eines Unternehmens kann sich von Jahr zu Jahr ändern. Eine Gesellschaft mit Sitz in Singapur muss nicht zwingend in Singapur steuerlich ansässig sein. Das sollte beim Aufbau der Struktur für das Geschäft berücksichtigt werden.


Investitionsschritte

Bei einer Transaktion über eine Holdinggesellschaft in Singapur durchläuft eine Investition in groben Zügen die folgenden Schritte:

  1. Gründung,
  2. Erwerb Ihrer Investition (einschließlich deren Finanzierung),
  3. Geschäftstätigkeit (Rückführung der Gewinne) und
  4. Ausstieg (Veräußerung).

 


1. Gesellschaftsgründung

In Singapur kann eine Gesellschaft innerhalb von nur einer Woche gegründet werden. Üblicherweise entscheiden sich Investoren für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, da sie einfach zu gründen ist, keinen Beschränkungen für ausländisches Eigentum unterliegt, steuerliche Privilegien genießen kann und das geltende Gesellschaftsrecht einen flexiblen Rahmen bietet. Die Flexibilität kann genutzt werden, um das Unternehmen zu finanzieren, da es keine Unterkapitalisierungsregeln gibt, um verschiedene Aktien­klassen mit unterschiedlichen Berechtigungen zu schaffen, um das Aktienkapital leicht zu erhöhen und um Aktien schnell und effizient zu übertragen.  

Zusätzlich zu anderen gängigen Gesellschaftsformen hat Singapur mit dem Variable Capital Companies Act 2018 (in Kraft getreten im Jahr 2020) eine neue Rechtsform für Investmentfonds im Land geschaffen. Variable Capital Companies können als eigenständiger Fonds oder als Umbrella-Fonds mit mehreren Teilfonds und unterschiedlichen Portfolios gegründet werden.

Im Allgemeinen gibt es keine Devisen- oder Währungsbeschränkungen für die Überweisung bzw. Repatriierung von Kapital/Gewinnen in oder aus Singapur.

Singapur wird üblicherweise auch als Gründungsort für eine Joint-Venture-Gesellschaft verwendet, wenn sich das operative Geschäft nicht in Singapur befindet. Alle gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten (z.B. Finanzierung, Unternehmensführung, Aktionärsrechte) würden dem singapurischen Gesellschaftsrecht unter­liegen, und ein möglicher Streit zwischen den Joint-Venture-Parteien könnte bei dem effizienten Gerichts- oder alternativen Streitbeilegungssystem von Singapur beigelegt werden.


2. Beschaffung/Akquisition und verfügbare Steuerabzüge

Der Erwerb erfolgt im Allgemeinen durch den Kauf von Anteilen oder die Übertragung von Betriebsvermögen und Verbindlichkeiten. In Singapur sollte ein Kaufvertrag von Anwälten aufgesetzt werden.

Ob der Deal als Vermögenswert- oder Anteilskauf strukturiert wird, hängt von

  • der Art der Investition ab
  • dem Investitionsgegenstand (z.B. Immobilien oder Kundenverträge),
  • dem Zweck der Investition (strategische oder Portfolio-Investition),
  • dem Investitionshorizont (die erwartete Haltedauer) oder
  • der Art der Finanzierung.


Singapur bietet auch Flexibilität bei der Finanzierung der Transaktion. Die Gegenleistung kann in Form von Bargeld, Aktien, Schulden (Darlehen oder Schuldscheine, einschließlich wandelbarer Darlehen) oder einer Kombination erfolgen.

Gängige steuerliche Überlegungen im Zusammenhang mit dem Share versus Assets Deal beziehen sich auf die Verfügbarkeit von Steuerattributen (z.B. Verluste, bereits ausgehandelte Steuervergünstigungen) im Ziel­unternehmen und Steuerabzüge für Zinsaufwendungen. Generell gilt, dass eine Gesellschaft in Singapur, die Zinsaufwendungen für die Finanzierung ihres Anteilserwerbs tätigt, keine Steuerabzüge geltend machen kann. Im Gegensatz dazu können Zinsaufwendungen, die für den Kauf von Betriebsvermögen (z.B. Maschinen, Immobilien) anfallen, abzugsfähig sein. Wenn jedoch ein Share Deal die Voraussetzung für das Geschäft ist (z.B. der Verkäufer will nur die Aktien veräußern), kann ein Asset Deal nach dem Share Deal durchgeführt werden, um ähnliche Ergebnisse zu erzielen.


3. Durchführung von Geschäften über die Holdinggesellschaft

Es gibt keine Beschränkungen für die Bewegung von Investitionskapital nach oder aus Singapur. In anderen ASEAN-Ländern sind die Beschränkungen für den Besitz ausländischer Investoren strenger, z.B. in Thailand, Indonesien, den Philippinen und Myanmar.

Geschäfte können in Singapur i.d.R. auf elektronischem Wege abgeschlossen werden, was die Notwendigkeit der Ein- und Ausreise von Geschäftsführern reduziert. Elektronisch unterzeichnete Verträge können gültig und für die Parteien verbindlich sein, vorausgesetzt, dass eine angemessen zuverlässige Methode verwendet wird, um die beteiligten Person zu identifizieren und ihre Absicht in Bezug auf die in der elektronischen Aufzeichnung enthaltenen Informationen anzuzeigen [3].

Der vorherrschende Körperschaftssteuersatz von 17 Prozent ist vergleichsweise niedriger als der in Singapurs Nachbarländern. Wenn SingCo eine steuerlich ansässige Holdinggesellschaft ist, sind die erhaltenen ausländischen Dividenden im Allgemeinen von der Steuer befreit, wenn sie aus Nachsteuergewinnen aus einem aktiven Geschäft ausgeschüttet werden. Singapur erhebt keine Quellensteuer auf Dividenden.

Für die Nachsteuergewinne sollten alle der folgenden drei Bedingungen erfüllt sein:

  • Die ausländischen Einkünfte waren in der ausländischen Jurisdiktion, aus der sie bezogen wurden, steuerpflichtig (bekannt als die „subject to tax”-Bedingung). Der Steuersatz, zu dem die ausländischen Einkünfte besteuert wurden, kann sich vom Hauptsteuersatz unterscheiden;
  • Der höchste Körperschaftsteuersatz (Bedingung „foreign headline tax rate”) der ausländischen Jurisdiktion, aus der die Einkünfte bezogen werden, beträgt mind. 15 Prozent zu dem Zeitpunkt, zu dem die ausländischen Einkünfte in Singapur bezogen werden;
  • Der Comptroller ist überzeugt, dass die Steuerbefreiung für die in Singapur ansässige Person von Vorteil ist.


Es ist durchaus üblich, dass Unternehmen zentrale Funktionen wie Personalverwaltung, Finanzen und Controlling in Singapur einrichten, da englischsprachige qualifizierte Arbeitskräfte leicht zu finden sind. Es ist dann möglich, Lizenz- und Servicegebühren von den Tochtergesellschaften und Unternehmen in der Region zu verlangen.


4. Ausstieg aus der Investition

Singapur erhebt keine Steuern auf Kapitalgewinne. Die Gewissheit der Nichtbesteuerung wird gewährt, wenn die veräußernde Gesellschaft mind. 20 Prozent der Stammaktien an der Beteiligungsgesellschaft hält, deren Anteile veräußert werden, und die veräußernde Gesellschaft die Mindestbeteiligung von 20 Prozent an der Beteiligungsgesellschaft für einen ununterbrochenen Mindestzeitraum von 24 Monaten vor der Veräußerung aufrechterhält.

Wenn die oben genannten Bedingungen nicht erfüllt werden, bedeutet das nicht, dass der Gewinn automatisch steuerpflichtig ist. Stattdessen wird die Steuerpflicht auf der Grundlage einer Kombination von Faktoren bestimmt, die als „Badges of Trade” bekannt sind. Dazu zählen: Art des Gegenstands, Dauer des Eigentums, Häufigkeit der Transaktion, zusätzlicher Arbeitsaufwand, Umstände der Realisierung (Desinvestition), Motiv sowie Art der Finanzierung.

In der Praxis kann es vorzuziehen sein, Anteile an einer Holding in Singapur zu veräußern, anstelle eines Verkaufs des Unternehmens in der Region, der möglicherweise ausländischen Eigentumsbeschränkungen, der Zustimmung lokaler Genehmigungsbehörden oder einfach einem viel zeitaufwändigeren Prozess unterliegt. Ein neuer Gesellschafter kann innerhalb weniger Tage in Singapur registriert werden.


Streitbeilegung

Singapur erlaubt es den Vertragsparteien, das anwendbare Recht und die Gerichtsbarkeit frei zu wählen. In Bezug auf das Wettbewerbsrecht, das Arbeitsrecht und das Gesellschaftsrecht gelten jedoch weiterhin die Gesetze Singapurs. Singapur und die EU haben das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsverein­barungen angenommen, das eine einfachere Durchsetzung von Gerichtsentscheidungen ermöglicht.

Für Angelegenheiten, die die Parteien privat halten wollen oder bei denen Vollstreckungsmaßnahmen in anderen Gerichtsbarkeiten ergriffen werden müssen, kann die Vereinbarung eine Schiedsklausel enthalten, die den Streitfall an das „Singapore International Arbitration Centre” (SIAC) verweist. Solche Klauseln sind in Singapur in Dokumenten zu Unternehmenstransaktionen zunehmend üblich. SIAC ist international anerkannt und die bevorzugte Schiedsgerichtsinstitution in Asien. Es hat eine hervorragende Bilanz bei der Vollstreckung von Schiedsklauseln in verschiedenen Ländern unter der New Yorker Konvention und verfügt über ein erfahrenes internationales Gremium von Schiedsrichtern aus über 40 Jurisdiktionen [4]. Alternativ kann auch eine Mediation am „Singapore International Mediation Centre” (SIMC) durchgeführt werden. Die „Singapore Convention on Mediation” (angenommen am 20. Dezember 2018) sieht die Anerkennung und Vollstreckung von Mediationsvereinbarungen in Ländern vor, die eine solche Konvention unterzeichnet haben.

 



[2] „Kontrolle und Management” bedeutet das Treffen von Entscheidungen über strategische Angelegenheiten, wie über die Unternehmenspolitik und -strategie. Wo die Kontrolle und Leitung eines Unternehmens ausgeübt wird, ist eine Frage des Sachverhalts. Typischerweise ist der Ort der Vorstandssitzungen des Unternehmens, bei denen strategische Entscheidungen getroffen werden, ein Schlüsselfaktor bei der Bestimmung, wo die Kontrolle und das Management ausgeübt werden.
[3] S 8 Electronic Transactions Act, Cap. 88.
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