Asiens Freihandelsabkommen im Fokus: CPTPP, RCEP und IPEF

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 12. September 2023 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Mit wachsendem wirtschaftlichem Aufschwung in den Ländern Ost- und Südostasiens sowie dem damit verbundenen rasanten Wachstum des Handels sind in jüngster Ver­gangenheit mehrere bedeutende Wirtschaftsabkommen entstanden, wie beispiels­weise das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP), das Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) oder das Indo-Pacific Economic Framework (IPEF). 



Diese Abkommen zielen darauf ab, Handelshemmnisse zu beseitigen und wechselseitige Investitionen zu fördern, zum Beispiel durch die Schaffung von Zollerleichterungen und Harmonisierungen bei den Standards zum Umwelt- und Arbeitnehmerschutz. Weitere Abkommen befinden sich in der Vorbereitung und werden derzeit von potenziellen Vertragsstaaten verhandelt. Diese Handelsabkommen sind sowohl durch die heraus­ragende wirtschaftliche Stellung Chinas und Japans in der Region und weltweit geprägt als auch durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie der europäischen Vision einer Harmonisierung der Märkte. Im Folgenden werden wir das CPTPP, RCEP und IPEF genauer erläutern.

Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP)

Das CPTPP ist ein Freihandelsabkommen, dem derzeit 11 Staaten in der Asien-Pazifik-Region angehören: Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexico, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Die USA sind unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump im Januar 2017 aus den Verhandlungen für das Vor­gänger­abkommen, Trans-Pacific Partnership (TPP), ausgestiegen. Die verbliebenen 11 Staaten des ursprüng­lichen TPP setzten die Verhandlungen fort und entwickelten das CPTPP, das im März 2018 in Chile unterzeich­net wurde und Ende Dezember 2018 in Kraft trat. Das Ausscheiden der USA aus TPP und ihre Nichtbeteiligung am Nachfolgeabkommen CPTPP hatte aufgrund der Wirtschaftsmacht der USA erhebliche Auswirkungen, da es das weltweite Einkommen der Mitgliedsstaaten um etwa 70 Prozent reduzierte. Trotzdem bleibt das CPTPP einer der größten weltweiten Freihandelsräume, mit einem Anteil der Mitgliedsstaaten am globalen Brutto­inlandsprodukt von etwa 13,5 bis 14,5 Prozent.

Anfang 2021 stellte das Vereinigte Königreich als erstes Nicht-Gründungsland einen Beitrittsantrag zum CPTPP. Der Beitrittsprozess ist weit fortgeschritten, und die CPTPP-Mitglieder haben dem Beitritt des Vereinigten Königreichs bereits zugestimmt. Daher wird der Beitritt voraussichtlich Ende 2023 oder Anfang 2024 durch die Ratifizierung des Abkommens in London wirksam.

Weitere Staaten, die bereits Anträge auf Mitgliedschaft gestellt haben, sind Costa Rica, Ecuador, die Ukraine und Uruguay. Südkorea und Thailand zeigen Interesse an einer Mitgliedschaft.

Taiwan und die Volksrepublik China haben ebenfalls Anträge auf Mitgliedschaft gestellt. Hierbei ergeben sich jedoch komplexe Fragestellungen. Taiwan reichte seinen Antrag unter dem Namen „Separates Zollgebiet Taiwan, Penghu, Kinmen und Matsu” ein, jedoch eine Woche nachdem China seinen Antrag eingereicht hatte. China wird sehr wahrscheinlich darauf bestehen, zuerst beizutreten und so Taiwan auszuschließen. Darüber hinaus gehört Taiwans größter Unterstützer, die USA, nicht zu den Mitgliedsstaaten des CPTPP. Allerdings bestehen auch erhebliche Hindernisse für Chinas Beitritt, insbesondere in den Bereichen Arbeit, Umwelt, Staatsunternehmen und digitaler Handel. Die Kluft zwischen der chinesischen Politik und den Standards des CPTPP ist erheblich und könnte schwer zu überbrücken sein. Es müssten wahrscheinlich erhebliche Änderun­gen in der chinesischen Politik vorgenommen werden, was lange Übergangsfristen für die Umsetzung der CPTPP-Standards oder Ausnahmen von einigen Standards bedeuten würde. Daher ist es derzeit kaum vor­stell­bar, dass Chinas Antrag auf Mitgliedschaft genehmigt wird. 

Das CPTPP legt in vielen Bereichen, wie Arbeitsbedingungen und Umweltschutz, strengere Regeln fest, als in vielen Mitgliedstaaten zuvor galten. Es ist anzunehmen, dass viele lokale Unternehmen ihre Standards an­passen müssen. In diesem Zusammenhang könnten europäische Unternehmen mit lokalen Direktinvesti­tionen einen Vorteil haben, da viele ihrer Tochterunternehmen bereits hohe Standards in Bezug auf Arbeit­nehmer­rechte und Umweltschutz aufweisen und dementsprechend weniger Anpassungsbedarf an die CPTPP-Standards besteht. Unternehmen vor Ort könnten auch von der erhöhten Compliance in den Lieferketten pro­fitieren, die durch die CPTPP-Bestimmungen geschaffen wurde und wird. Darüber hinaus könnten sich die Zollerleichterungen kostensenkend auf die Lieferketten der Unternehmen auswirken.

Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP)

Das RCEP ist ein Freihandelsabkommen zwischen den zehn Mitgliedstaaten der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) und ihren fünf Freihandelspartnern (Australien, China, Japan, Neuseeland und die Republik Korea). Dem RCEP gehören damit derzeit 15 Staaten an, von denen wiederum 7 Staaten gleichzeitig dem CPTPP angehören. RCEP baut auf dem bestehenden ASEAN+1-Freihandelsabkommen auf, um die wirt­schaftlichen Verbindungen zu stärken und handels- und investitionsbezogene Aktivitäten zu fördern sowie zur Verringerung des Entwicklungsgefälles zwischen den Mitgliedsstaaten beizutragen. Zunächst beteiligte sich auch Indien an den Verhandlungen, hat sich dann jedoch entschlossen, an RCEP nicht teilzunehmen. RCEP gehört darüber hinaus zu den wenigen großen Abkommen, die zwischen China und Japan bestehen.

RCEP ist das größte Freihandelsabkommen der Welt und umfasst etwa 30 Prozent des Welt-BIP. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in den Mitgliedsstaaten des RCEP. Das Abkommen setzt neue Rahmen­be­dingungen im Handel zwischen den Mitgliedsstaaten. In den nächsten 20 Jahren nach Inkrafttreten des Ab­kommens sollen die meisten Zölle auf Waren, die zwischen den Mitgliedern gehandelt werden, wegfallen, wobei jedoch keine Vereinheitlichung von Zollbestimmungen erfolgt. Weiterhin ist es Ziel des RCEP, Investitionen und den Transfer von Technologie zwischen den Mitgliedern zu fördern. Hierzu sollen einheitliche Bestimmungen zum Schutz von Investoren und Investitionen erlassen werden. Darüber hinaus enthält das Abkommen Mecha­nismen zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten. Grundsätzlich enthält das RCEP-Abkommen jedoch auch eine Vielzahl von Ausnahmebestimmungen für die einzelnen Mitglieder und ist verglichen mit CPTPP weit weniger umfassend mit niedrigeren Standards.

Der Schwerpunkt des RCEP-Abkommens liegt klar auf dem Handel von Gütern und beinhaltet Regelungen in Bezug auf das Ursprungsland (d.h., wenn ein Produkt den RCEP-Ursprungskriterien entspricht, gilt das in allen 15 Mitgliedsländern), Normen, technische Vorschriften und Verfahren zur Konformitätsbewertung, den Schutz geistigen Eigentums, Regelungen zum Wettbewerbsrecht und mehr. 

Verbesserte Handelsbedingungen können auch europäische und deutsche Unternehmen mit Direkt­inves­titionen in RCEP-Vertragsstaaten zugutekommen. Durch durchlässigere Grenzen im Handelsverkehr erweitert sich der Markt und der Wettbewerb wird verstärkt. Hierdurch wird sich voraussichtlich die Effizienz der Pro­duktion erhöhen und positive Skaleneffekte bewirken, die den Importpreis von europäischen und deutschen Produkten senken könnten. Unternehmen können zudem von den Zollerleichterungen des Abkommens pro­fitieren, indem sie strategisch gut durchdachte Lieferketten nutzen. Es ist zu erwarten, dass das Abkommen langfristig das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand der Bevölkerung der Region positiv beeinflusst. Europäische Unternehmen können das für sich nutzen, indem sie ihre Geschäftsstrategie anpassen und qualitativ hochwertige Produkte auf den Markt bringen, um der zu erwartenden Nachfrage der wachsenden Mittelschicht gerecht zu werden.
 

Indo-Pacific Economic Framework (IPEF)

Das IPEF ist ein (geplantes) Abkommen zwischen den USA und 13 weiteren Ländern im asiatischen Raum, darunter Australien, Brunei Darussalam, Fidschi, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, Neuseeland, den Philippinen, Singapur, Südkorea, Thailand und Vietnam. Das Abkommen befindet sich derzeit noch in Ver­han­dlungen und wurde noch nicht finalisiert. Die letzte Verhandlungsrunde fand im Juli 2023 in Busan, Korea, statt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit weitere und verbindlichere Maßnahmen in das Abkommen aufgenommen werden. Es gibt jedoch bereits Zweifel, ob das Abkommen tatsächlich wirksam sein wird, da es die tra­ditio­nel­len Merkmale eines Handelsabkommens, insbesondere Zollerleichterungen, nicht enthält.

 

Das IPEF behandelt verschiedene Bereiche, darunter die digitale Wirtschaft, die Sicherung und Resilienz von Lieferketten, saubere Energie und Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption. Das Abkommen soll den be­teiligten Ländern die Möglichkeit geben, sich einzelnen Initiativen anzuschließen, ohne sich an allen beteiligen zu müssen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass viele asiatische Länder den Wunsch haben, sich nicht zwischen den USA und China entscheiden zu müssen und unabhängig zu handeln und gleichzeitig dem wach­sen­den Einfluss Chinas entgegenzuwirken. Allerdings bietet das IPEF derzeit keine ausreichend langfristige Perspektive und Stabilität für Handelsbeziehungen.

 

Durch die noch laufenden Verhandlungen ist es derzeit noch zu früh, um das Abkommen und dessen mögliche Auswirkungen, insbesondere Chancen, auf deutsche Unternehmen zu bewerten. Wir werden die Entwicklung weiterverfolgen und Sie zu diesem Abkommen Up-to-Date halten. 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu