Bilanzierung von Corona-Förderungsmaßnahmen nach HGB

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veröffentlicht am 30. Mai 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Covid-19 stellt nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit dar, sondern bringt weltweit auch erhebliche ökonomische Auswirkungen mit sich. Um der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise entgegenzusteuern und die vielen betroffenen Unter­nehmen zu stützen, haben Regierungen weltweit unterschiedliche Förder­maßnahmen beschlossen. Die Unterstützungen reichen von (vergünstigten) Krediten bis hin zu sofortigen Zuschüssen. Für Unternehmen stellt sich die Frage, wie diese einzelnen Maßnahmen zu bilanzieren sind. Deutsche Mutterunternehmen mit ihren international tätigen Tochterunternehmen müssen diese Frage im Kontext der deutschen Rech­nungslegungsgrundsätze beantworten, falls sie einen HGB-Konzernabschluss aufstellen.

  

  

Weltweit unterschiedliche Fördermaßnahmen

Eine beliebte Fördermaßnahme in Deutschland ist die Bereitstellung von Garantien der Landesregierungen für in Schieflage geratene Unternehmen. Die Auswirkungen solcher Garantien auf die Bilanzierung sind überschaubar, denn die abgesicherten Verbindlichkeiten sind weiterhin (unverändert) zu ihrem Erfüllungsbetrag zu passivieren.

 

Interessanter gestaltet sich die Frage nach der bilanziellen Abbildung für gewährte Kredite. Die Darlehens­vergabe kann dabei unterschiedlich ausgestaltet sein. In Deutschland bspw. werden durch das KfW-Sonderprogramm zinsgünstige Kredite bereitgestellt. Das „Paycheck Protection Program“ in den USA gewährt Unternehmen sogar Darlehen, die unter bestimmten Voraussetzungen, wie die Verwendung eines Min­destanteils für Personalkosten und das Unterlassen von Mitarbeiterabbau, teilweise oder vollständig erlassen werden können. Der nichterstattungsfähige Teil des Darlehens muss dann über die restliche Laufzeit getilgt werden.

 

Darüber hinaus sind auch Sofortmaßnahmen in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen zu nennen. I.d.R. sind sie zweckgebunden für bestimmte Kosten zu verwenden (aufwandsbezogene Zuwendungen); in vielen Fällen werden sie nur in Abhängigkeit von Erfüllung bestimmter Bedingungen gewährt.

 

Bilanzielle Behandlung erhaltener Darlehen

Die Behandlung erhaltener Darlehen aufgrund der Covid-19-Pandemie ist zunächst intuitiv. Der Darlehens­nehmer erfasst in seiner Bilanz eine Verbindlichkeit in Höhe des Erfüllungsbetrags und tilgt das  Darlehen über die vereinbarte Laufzeit. Marktunübliche Zinsen sind handelsrechtlich i.d.R. unstrittig zu sehen und führen lediglich zu einem geringeren Zinsaufwand.

 

Komplexer gestaltet sich die Bilanzierung bei nur bedingt rückzahlbaren Darlehen. Solche Darlehen sind gemäß HGB als auflösend bedingte Verbindlichkeiten zu klassifizieren. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem die Rückzahlungsverpflichtung der erhaltenen finanziellen Mittel (ergeb­niswirksam) auszubuchen ist. Hierzu ist der Zeitpunkt des Bedingungseintritts, die zu deren Erlass führt, maßgeblich. Dieser wird definiert als der Zeitpunkt, in dem sämtliche Voraussetzungen für den Darlehenserlass erfüllt sind und ein entsprechender Antrag gestellt ist oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fristgerecht gestellt werden wird. Eine noch ausstehende finale Prüfung der gewährenden Behörde steht dem grundsätzlich nicht entgegen.

 

Ob die Auflösung sofort ergebniswirksam zu vereinnahmen ist, hängt von den konkreten Vertragsbedingungen ab. Wird die Verbindlichkeit oder ein Teil davon zum Ausgleich bestimmter Aufwendungen, wie Personal­kosten, erlassen, so handelt es sich um aufwandsbezogene Zuwendungen, die periodengerecht entsprechend der zugehörigen Aufwendungen erfolgswirksam erfasst werden.

 

Bilanzielle Behandlung von Förderzuschüssen

Erhaltene nicht zurückzahlbare Zuschüsse können entweder unbedingt gewährt werden oder an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden sein. Eine Forderung ist erst mit Eintritt der Förderbedingung zu aktivieren, wobei der Bedingungseintritt wie oben dargestellt definiert wird. Die Forderung kann sofort erfolgswirksam zu vereinnahmen oder im Falle von z.B. aufwandsbezogenen Zuschüssen, die für mehrperiod­ische Kompensationszwecke geleistet werden, periodengerecht zu verteilen sein. Auszahlungen vor Eintritt der Bedingungen werden zunächst passiviert, bevor sie bei Bedingungseintritt (periodengerecht) erfolgswirksam aufgelöst werden.

 

Bilanzielle Behandlung von Zahlungen im Kontext von Kurzarbeitergeld

Bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen und Erstattung wirksamer Anzeige vom Arbeitgeber über den Arbeitsausfall haben die Arbeitnehmer in Deutschland einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld gegenüber der Agentur für Arbeit. Ähnlich ausgestaltete Hilfsmaßnahmen wurden in vielen weiteren europäischen Ländern eingeführt. Der Arbeitgeber ist in solchen Konstellationen grundsätzlich als Treuhänder lediglich für die Zahlungsabwicklung zuständig. Er ist zur Vorleistung an seine Arbeitnehmer verpflichtet, muss allerdings nachträglich eine Erstattung bei der Agentur für Arbeit beantragen. Somit handelt es sich bei dem Kurz­arbeitergeld aus Sicht des Unternehmens um einen sogenannten durchlaufenden Posten. In der handelsr­echtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ist weder ein Aufwand noch ein Ertrag aus der Zahlungsabwicklung zwischen Arbeitnehmer und der Agentur für Arbeit über die Bestandskonten des Arbeitgebers zu erfassen. Entsprechend den verauslagten Zahlungen an Arbeitnehmer ist eine Erstattungsforderung gegen die Agentur für Arbeit zu aktivieren, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und der Antrag auf Erstattung bis zur Bilanzaufstellung gestellt ist oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb von drei Monaten gestellt werden wird.

 

Hat der Arbeitgeber dagegen einen eigenen unmittelbaren Anspruch gegenüber die Agentur für Arbeit, z.B. auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge, handelt es sich dabei um eine nicht rückzahlbare Zuwendung, die erfolgswirksam zu erfassen ist.

 

Fazit

Die zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen aus der Covid-19-Pandemie eingeführten Hilfspakete dienen dazu, vorübergehende Liquiditätsengpässe auszugleichen. Ob sich hierdurch auch eine sofortige Ergebnis­wirkung einstellt, hängt von den konkreten Charakteristika des jeweiligen Hilfsprogramms ab. Die Vielzahl an weltweiten Fördermaßnahmen sind im Detail unterschiedlich ausgestaltet und können unternehmens­individuell unterschiedlichen Nutzen entfachen. Die Frage nach der sachgerechten Bilanzierung ist daher immer im Einzelfall zu beurteilen.    

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