Insolvenz- und Umstrukturierungsverfahren in Polen in Zeiten von Covid-19: Zusammenfassung 2020

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veröffentlicht am 29. Januar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

    
Die Covid-19-Pandemie und ihre negativen Auswirkungen haben die Unternehmer gezwungen, Schritte durchzuführen, um sich in der neuen wirtschaftlichen Situation zurechtzufinden und ihre Marktposition zu behaupten. Den Unternehmen wurden neue rechtliche Instrumente an die Hand gegeben, die ihnen bei der Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten helfen können.

 

  

  

   

Covid-19 und die Insolvenzerklärung

Infolge der Coronavirus-Pandemie und der mit dieser verbundenen Restriktionen hat sich die Vermögenslage vieler Unternehmen so stark verschlechtert, dass dieser Umstand eine Grundlage für die im Insolvenzrecht vom 28. Februar 2003 vorgesehene obligatorische Einleitung des Insolvenzverfahrens dargestellt hätte. Es geht hier um die Voraussetzung der Zahlungsfähigkeit von Unternehmern, also um den Verlust der Fähigkeit der Unternehmer, ihre fälligen geldlichen Verbindungen zu begleichen.
  
Die Ausrufung der Epidemiegefahr auf dem Territorium Polens am 14. März 2020 und anschließend des Epidemiezustandes am 20. März 2020 befreite die Unternehmer nicht davon, ihrer gesetzlichen Pflicht zur Einleitung des Insolvenzverfahrens nachzukommen, wenn die davor in den gesetzlichen Vorschriften genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die neuen Regelungen führen jedoch eine gewisse Ausnahme ein, und zwar kann wegen der Pandemie die Frist ausgesetzt werden. Die neuen Vorschriften besagen Folgendes: Ist die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners zum einen aufgrund von Covid-19 und zum anderen während des Geltungszeitraums des Zustandes der Epidemiegefahr oder des Epidemiezustandes eingetreten, so beginnt die Frist zur Einreichung des Insolvenzantrags nicht zu laufen, und eine bereits laufende Frist wird unterbrochen.
   

Vereinfachtes Umstrukturierungsverfahren

Die nächste 2020 eingeführte Maßnahme zur Krisenbekämpfung besteht in einem vereinfachten Umstrukturierungsverfahren, das jeder Unternehmer einleiten kann, dem Zahlungsunfähigkeit droht. Hierbei ist es nicht notwendig, nachzuweisen, dass die negative Finanzlage des Unternehmens auf Covid-19 zurückzuführen ist. Unter dem Begriff „drohende Zahlungsunfähigkeit“ wiederum ist nach dem Umstrukturierungsgesetz vom 15. Mai 2015 eine wirtschaftliche Situation des Unternehmers zu verstehen, in der er feststellt, dass er in Bälde zahlungsunfähig sein wird.
   
Das modifizierte Umstrukturierungsverfahren stellt eine auf der Grundlage des „Krisenschutzschildes 4.0“ vorgenommene Vereinfachung des Verfahrens zur Genehmigung eines Vergleichs dar. Das Ziel des Verfahrens besteht – analog wie bei den übrigen vier Arten von Umstrukturierungsverfahren – darin, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Schuldner, der zahlungsunfähig geworden ist oder dem Zahlungsunfähigkeit droht, dadurch zu vermeiden, dass man ihm die Durchführung eines Umstrukturierungsverfahrens durch den Abschluss eines Vergleichs mit den Gläubigern erleichtert. Da dieses Verfahren der Eliminierung negativer Konsequenzen der Coronavirus-Pandemie dient, kann der Schuldner die Erklärung über die Eröffnung dieses Verfahrens nur in einem bestimmten Zeitfenster abgeben, und zwar bis zum 30. Juni 2021.
   

Das Verfahren aus Sicht des Schuldners

Das Neue an diesem Verfahren besteht darin, dass es beschleunigt wird und mit weniger Formalitäten verbunden ist, insbesondere in der Eröffnungsphase. Nachdem der Unternehmer mit einem Umstrukturierungsberater einen Vertrag über die Ausübung der Aufsicht über den Verlauf des Verfahrens geschlossen hat, veröffentlicht er im Gerichts- und Wirtschaftsanzeiger (poln. Abkürzung: MSiG) eine Bekanntmachung über die Eröffnung des Verfahrens. Auf diese Weise kommt der Steuerpflichtige – ohne Beteiligung eines Gerichts – am Tag der Bekanntmachung, der gleichzeitig der Tag der Eröffnung des Verfahrens ist, in den Genuss eines Schutzes. Für den Schuldner hat dieses Verfahren u.a. folgende Vorteile: Vollstreckungsverfahren bezüglich der Forderungen, die Gegenstand des Vergleichs sind, oder bezüglich der Forderungen, für die eine dingliche Besicherung am Vermögen des Schuldners bestellt wurde, werden kraft Gesetz ausgesetzt (sofern bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind); die Einleitung neuer Zwangsvollstreckungsverfahren bezüglich der o.g. Forderungen wird verboten; es wird ein Moratorium der Schuldentilgung erlassen, d.h. die Erbringung von Leistungen aufgrund der o.g. Forderungen wird ausgesetzt; Gläubiger und Schuldner haben nur noch in begrenztem Umfang die Möglichkeit, ihre wechselseitigen Forderungen gegeneinander aufzurechnen; die Möglichkeit der Kündigung bestimmter Verträge durch die Gläubiger des Unternehmers (z.B. Miet- oder Kreditverträge) ist ausgeschlossen.   
    

Das Verfahren aus Sicht des Gläubigers

Um den Schutz der Rechte der Gläubiger zu garantieren und die privilegierte Stellung des Schuldners auszugleichen, hat der Gesetzgeber es den Gläubigern ermöglicht, bei Gericht die Aufhebung der o.g. Folgen der Veröffentlichung im Gerichts- und Wirtschaftsanzeiger (poln. Abk. MSiG) zu beantragen, sofern diese Folgen der betreffenden Gruppe Schaden würden. Erlässt das Gericht einen entsprechenden Beschluss, so wird der Schuldner beispielsweise der Vollstreckungsimmunität verlustig gehen, wohingegen der Gläubiger die Erfüllung seiner Forderungen verlangen können wird, die ursprünglich Gegenstand des Vergleichs sein sollten. Außerdem wurde für dieses Verfahren ein genauer zeitlicher Rahmen festgelegt – der Antrag auf Bestätigung des Vergleichs muss binnen 4 Monaten nach der Veröffentlichung im MSiG bei Gericht eingehen. Anderenfalls wird das Verfahren kraft Gesetz eingestellt, und die Gläubiger können die ihnen zustehenden Forderungen wieder eintreiben. Außerdem können die Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner die Bekanntmachung und die Eröffnung des vereinfachten Umstrukturierungsverfahrens bösgläubig betrieben hat.

   
Statistische Angaben – Zusammenfassung

Dass das vereifachte Umstrukturierungsverfahren für die Unternehmer in Polen attraktiv ist, ist an den Statistiken abzulesen. Auf der Grundlage eines Berichts der Zentralanstalt für Wirtschaftsinformationen (https://www.coig.com.pl/2020-restrukturyzacje-firm_grudzien.php, veröffentlicht am 22. Januar 2021) über Umstrukturierungsverfahren im Jahre 2020 ist festzustellen, dass der Anteil der vereinfachten Umstrukturierungsverfahren an allen Umstrukturierungsverfahren im Jahre 2020 fast 50 Prozent betrug – somit war das die am häufigsten gewählte Form der Umstrukturierung auf dem Gerichtswege. Im vergangenen Jahr wurden 392 vereinfachte Umstrukturierungsverfahren eröffnet, davon die meisten im Dezember – sage und schreibe 118. Unübersehbar ist auch der allgemeine Anstieg der Umstrukturierungsverfahren in den letzten zwei Jahren – 2019 gab es 465 solcher Verfahren, 2020 stieg ihre Zahl auf 800.
    
Es ist jedoch noch zu früh, die Effektivität der im Rahmen der Bekämpfung der negativen Folgen der Covid-19-Pandemie eingesetzten rechtlichen Instrumente abschließend zu bewerten. Das Neue Jahr wird für die Unternehmer zweifelsohne eine Zeit der Herausforderungen sein, aber auch der Hoffnung auf Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich aus der gegenwärtigen Situation ergeben.
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