ErbStRG: Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer neu geregelt

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zuletzt aktualisiert am 25. Oktober 2016

 

Mit dem „Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtssprechung des BVerfG (ErbStRG)”, dem Bundestag und Bundesrat nach einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren einschließlich eines Vermittlungsverfahrens zugestimmt haben, wurde die Behandlung von Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit Wirkung zum 1. Juli 2016 neu geregelt. Die wesentlichen Grundsätze des neuen Rechts haben wir für Sie zusammengestellt.

 

 

 

Differenzierung der Nachfolgeplanung

Eine Differenzierung erfolgt, da der Umfang des individuellen Erwerbs künftig das Verschonungskonzept bestimmt. Kleine und mittlere Unternehmen sowie Unternehmen, bei denen sich die Gesellschaftsanteile auf zahlreiche Gesellschafter und/oder Nachfolger verteilen, werden ihre Nachfolgekonzepte punktuell an die neue Rechtslage anpassen müssen. Große Familienunternehmen kommen nur noch unter erschwerten Bedingungen in den Genuss einer Steuerbegünstigung und haben mit deutlichen Mehrbelastungen bei der Erbschaftsteuer zu rechnen. Sie sollten eine Generalrevision ihrer Nachfolgeplanungen anstellen. Ein Denken in langfristigen Übertragungszyklen und die Einbeziehung des Privatvermögens aller Beteiligten und seiner Verteilung innerhalb der Familie bis hin zur Einbindung von Familienstiftungen und der übernächsten Erbengeneration stellen hier ganz neue Anforderungen dar.

 

Verschiedene Verschonungskonzepte

Erwerbe bis zu 26 Mio. Euro (Prüfschwelle)

Das bisherige Verschonungskonzept bleibt erhalten: Regelverschonung (85-prozentiger Verscho-nungsabschlag) und Optionsverschonung (100-prozentiger Verschonungsabschlag), jeweils mit den bekannten Behaltensfristen und Lohnsummenerfordernissen. Eine Mehrbelastung spüren solche Unternehmen künftig dadurch, dass schädliches Verwaltungsvermögen definitiv besteuert wird.

 

Erwerbe im Wert von mehr als 26 Mio. Euro

Es besteht die Wahl zwischen dem Abschmelz- oder Erlassmodell mit Verschonungsbedarfsprü-fung. Beim Abschmelzmodell wird der bisherige Verschonungsabschlag mit wachsendem Wert des Erwerbs gemindert bis hin zur vollen Steuerpflicht bei Erwerben über 90 Mio. Euro. Im Erlassmodell muss der Erwerber sein Privatvermögen offenlegen und bis zu 50 Prozent davon zur Steuerzahlung auf das Betriebsvermögen einbringen; eine darüber hinausgehende Steuer wird erlassen. Erwerbe innerhalb von 10 Jahren werden für das Überschreiten der Prüfschwelle, die Abschmelzung und den Verschonungsbedarf zusammengerechnet.

Die Verschonungsbedarfsprüfung kann dazu führen, dass künftig Schenkungen oder Erbschaften von begünstigtem Vermögen an bereits vermögende Nachfolger verhindert werden – eine höchst fragwürdige Anreizwirkung, die völlig neue Denkansätze in der Nachfolgeplanung auslöst!

 

Lohnsummenerfordernis

Für eine bestimmte Zeit ab der Übertragung (Regelverschonung: 5 Jahre; Optionsverschonung und Erlassmodell: 7 Jahre) muss bei Inanspruchnahme von Begünstigungen die gezahlte Lohnsumme in einem bestimmten Umfang konstant gehalten werden. Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten (nach Köpfen) oder mit einer Ausgangslohnsumme von 0 müssen dieses Kriterium nicht erfüllen. Bisher lag die Grenze bei 20 Beschäftigten. Neu ist, dass die Höhe der zu erreichenden Lohnsumme abhängig ist von der Anzahl der Beschäftigten. Das zeigt die folgende Tabelle: 

 

Mindestlohnsumme bei ​ 6 bis 10 Beschäftigten 11 bis 15 Beschäftigten​ Mehr als 15 Beschäftigten​
Regelverschonung​250 % in 5 Jahren300 % in 5 Jahren​​400 % in 5 Jahren
Optionsverschonung500 % in 7 Jahren​565 % in 7 Jahren​700 % in 7 Jahren​

 
Steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen

Anders als bisher kann das Verwaltungsvermögen grundsätzlich nicht mehr (mit-)verschont werden. Auf sog. schädliches Verwaltungsvermögen ist somit immer Erbschaftsteuer zu bezahlen. Allerdings wird ein anteiliger Schuldenabzug beim Verwaltungsvermögen zugelassen (Nettoverwaltungsvermögen). Bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen ist das Verwaltungsvermögen künftig mittels einer Verbundvermögensaufstellung konsolidiert auf Konzernebene zu ermitteln. 
 
Was Verwaltungsvermögen ist, wird im Katalog des § 13b Abs. 4 ErbStG definiert. Neu ist eine Missbrauchsverhinderungsregelung: Verwaltungsvermögen sind auch Oldtimer, Yachten, Edelmetalle und sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände. Für Geld und geldwerte Forderungen (sog. Finanzvermögen) gilt ein Finanzmitteltest: bis zu 15 Prozent des gemeinen Unternehmenswerts gelten als begünstigtes Vermögen, der Rest wird zum schädlichen Verwaltungsvermögen gezählt. Ausgenommen hiervon sind Unternehmen, bei denen das Finanzvermögen nicht einem originär gewerblichen Zweck dient; bei ihnen ist das gesamte Finanzvermögen schädlich. Vermögen, das der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient, wird unter strengen Voraussetzungen begünstigt. Verwaltungsvermögen bis zu 10 Prozent des begünstigten Vermögens ist unschädlich und wird in die Steuerbegünstigung einbezogen.
 
Neu ist eine Investitionsklausel. Danach kann zum Stichtag vorhandenes schädliches Verwaltungsvermögen innerhalb von 2 Jahren nach dem Tod vom Erwerber (nicht bei Schenkung) in bestimmtes begünstigtes Vermögen investiert werden. Die Voraussetzungen sind jedoch für die Praxis viel zu eng gefasst.
 
Besteht das Betriebsvermögen zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen, entfällt die Begünstigung für das gesamte Vermögen. Das kann z.B. bei Handelsunternehmen, die einen sehr hohen Forderungsbestand haben, zur kompletten Versagung der Begünstigung führen!
 
Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung in der Optionsverschonung (von 100 Prozent) ist ähnlich wie im bisherigen Recht ein Verwaltungsvermögenstest: Das begünstigungsfähige Vermögen darf zu maximal 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen bestehen.

 

Was ändert sich bei der Bewertung?

Der Kapitalisierungsfaktor im vereinfachten Ertragswertverfahren wird rückwirkend zum 1. Januar 2016 auf 13,75 festgelegt. Gegenüber der bisherigen Überbewertung mit einem Faktor von 17,85 bedeutet das eine Annäherung an realistischere Verkehrswerte für kleine und mittlere Unternehmen, die sich eine Unternehmensbewertung nicht leisten können. Das klingt zunächst erfreulich. Für Übertragungen im 1. Halbjahr 2016 kann sich die rückwirkende Anwendung des niedrigeren Kapitalisierungsfaktors auch negativ im Hinblick auf die Verwaltungsvermögensquote auswirken.

 

Bewertungsabschlag bei Familiengesellschaften

Bei Vorliegen von bestimmten Satzungsregelungen wird ein Bewertungsabschlag von maximal 30 Prozent auf das begünstigte Vermögen gewährt. Voraussetzungen sind:
  • Die Entnahme/Ausschüttung muss auf höchstens 37,5 Prozent des Nachsteuer-Gewinns beschränkt sein, wobei Entnahmen für Zwecke der Einkommensteuerzahlung nicht angerechnet werden.
  • Die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft ist auf Angehörige, eine Familienstiftung oder auch auf Mitgesellschafter beschränkt.
  • Bei Ausscheiden eines Gesellschafters ist eine Abfindung vereinbart, die unterhalb des gemeinen Werts der Beteiligung liegt. Der Grad der Minderung bestimmt die Höhe des Bewertungsabschlags, der aber bei 30 Prozent gedeckelt wird.

 

Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und 2 Jahre vor und 20 Jahre nach der Übertragung eingehalten werden. Die Vorgaben sollten bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen berücksichtigt werden.

 

Erweiterte Stundungsregelung

Fällt trotz Verschonungsregeln, Abschmelzmodell und Erlass mit Verschonungsbedarfsprüfung eine Erbschaftsteuer auf begünstigtes Vermögen an, kann der Steuerpflichtige bei einem Erwerb von Todes wegen die Stundung beantragen. Sie ist bis zu 7 Jahre möglich, aber nur im ersten Jahr zinslos. Voraussetzung für die Gewährung der Stundung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.

Kontakt

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Elke Volland

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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