Standortvorteile, Konzernrückhalt und Synergien im OECD-Kontext

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zuletzt aktualisiert am 13. März 2019

Innerhalb der durch die finalen BEPS-Berichte notwendig gewordenen Aktualisierung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien im Jahr 2017 wurden u.a. Regelungen konkretisiert, die die Überein-stimmung zwischen Verrechnungspreisergebnissen und Wertschöpfung gewährleisten sollen. Die OECD stellt in Bezug darauf fest, dass es sich insbesondere bei Standortvorteilen nicht um immaterielle Wirtschaftsgüter handelt. Daher wurden erstmals weiterführende Überlegungen zu diesem Aspekt und auch zu Aspekten des Konzernrückhalts und Synergieeffekten angestellt.




 

Standortvorteile

Die Diskussion nach der Zuordnung von Standortvorteilen stellt sich regelmäßig bei Leistungsbeziehungen, die oft gerade zur Nutzung der Standortvorteile begründet werden. Als weitaus häufigste Fälle werden Auftrags- oder Lohnfertiger (sog. „Routine-Unternehmen” oder „low-risk-Unternehmen”) in Niedrig­lohn­ländern genannt werden können.

Von Standortvorteilen ist die Rede, wenn die Kosten an dem neuen zu verlagernden Standort im Vergleich zu dem Standort, an dem die Geschäftstätigkeit ursprünglich durchgeführt wurde, niedriger einzustufen sind. [1]
 
Standortvorteile können sich aber auch bereits durch lang bestehende Leistungsbeziehungen ergeben, weshalb die neuen Regelungen vorsehen, dass die in den Tz. 9.126-9.131 OECD-Verrechnungspreis­leitlinien 2017 enthaltenen Aussagen über Standortvorteile im Kontext von Unternehmensumstruktu­rierungen von nun an ebenso für alle anderen Sachverhalte, in denen Standortvorteile impliziert sind, Anwendung finden sollen.
 
Den OECD-Verrechnungspreisleitlinien folgend, basiert die Vergütung eines Auftrag- oder Lohnfertigers regelmäßig auf der Kostenaufschlagsmethode. Demnach sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit einer solchen Tätigkeit entstehen, Basis für den Aufschlag eines Standardgewinns. Als Konsequenz werden höhere Gewinne in das Land des Auftraggebers verschoben, da dieser seine Produkte günstiger fertigen lassen kann und sich hierdurch seine Marge erhöht. Es findet also ein Transfer des Standortvorteils in Richtung Auftraggeber statt.
 
Fraglich ist, ob dieses Resultat aus steuerlicher Sicht nachvollziehbar ist, da das auf Grundlage ausländischer Standortvorteile entstandene Steuersubstrat größtenteils an den Ansässigkeitsstaat des Entrepreneurs geht.[2] Zentrale Fragestellung der Thematik ist, inwieweit der Standardgewinnaufschlag unter Berücksichtigung der vorliegenden Standortvorteile zwischen Auftraggeber und Auftragfertiger prozentual verteilt wird.[3]

Die Verrechnungspreisleitlinien 2017 konkretisieren durch zusätzliche Überlegungen für die Aufteilung von Standortvorteilen zwischen einem oder mehreren konzernzugehörigen Unternehmen. Demnach ist
 
  • festzustellen, ob Standortvorteile existieren,
  • der tatsächliche Vorteil zu quantifizieren,
  • der Umfang zu berechnen, welche Standortvorteile bei der Konzerngesellschaft verbleiben oder an Kunden/Lieferanten weitergegeben werden und
  • zu ermitteln, wie unabhängige Dritte unter vergleichbaren Umständen ihre netto verbliebenen Vorteile aufgeteilt hätten, sofern die Vorteile nicht komplett an Kunden oder Lieferanten weitergegeben wurden.
 
Sollte nachgewiesen werden können, dass sämtliche Standortvorteile an die Kunden weitergegeben wurden, stellt sich grundsätzlich nicht mehr die Frage nach der Aufteilung der Vorteile. Anders verhält es sich, wenn die Standortvorteile zumindest teilweise in der Unternehmensgruppe verbleiben. Die wesen­tlichen Schwierigkeiten dürften darin bestehen, die Höhe der Standortvorteile und deren Aufteilung fremdüblich zu bestimmen. Gerade zur Ermittlung der Höhe der Standortvorteile wäre eine weitreichendere Erläuterung sinnvoll gewesen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Bewertung von Standortvorteilen in der Zukunft zu unterschiedlichen Auffassungen führt.
 
Laut OECD bieten lokale Marktvergleiche den verlässlichsten Indikator, wie Standortvorteile aufzuteilen sind. Spezielle Anpassungen für den Fremdvergleich sind dann nicht erforderlich. Hintergrund ist, dass die lokalen Vergleichsdaten die Standortvorteile bereits berücksichtigen. Insoweit ließe sich den Schwierig­keiten durch die Erstellung von Datenbankstudien begegnen, vorausgesetzt, dass sie tatsächliche lokale Vergleichsunternehmen identifizieren können.
 
Liegen keine verlässlichen Vergleichsunternehmen vor, sollen die Grundsätze in den Tz. 9.126-9.131 OECD-Verrechnungspreisleitlinie 2017 anzuwenden sein. Es wird in dem Zusammenhang bei den bisherigen Diskussionen zur Aufteilung von Standortvorteilen bleiben. Abhilfe können nur Datenbankstudien schaffen.

Rückhalt und Synergien im Konzern

Der Konzernrückhalt kann definiert werden als das Vorliegen zufälliger Vorteile, die keine konzerninternen Dienstleistungen begründen. Mangels Dienstleistung bzw. Leistungsaustausch kann ein Entgelt für diesen Vorteil nicht verrechnet werden. Insoweit ist der Vorteil einer Bonitätssteigerung allein aufgrund einer Konzernzugehörigkeit keine entgeltfähige Transaktion. Anders stellt sich der Sachverhalt dar, wenn für die erhöhte Kreditwürdigkeit des Tochterunternehmens eine Garantie oder Bürgschaft seitens des Mutter­unternehmens vorliegt. In dem Fall ist eine Gebühr zu erheben,[4] da das Mutterunternehmen im Interesse der Tochtergesellschaft eine Leistungsverpflichtung bewusst eingeht und so eine über den Konzernrückhalt hinaus gehende verrechenbare Leistung entsteht. In der aktiven Herbeiführung von Vorteilen (Synergien), wie integrierte Managementaufgaben oder beseitigte Doppelarbeiten, wird von der OECD ein Gegensatz zu dem passiv geprägten Begriff des Konzernrückhalts gesehen. Beides resultiert jedoch aus der Zugehörigkeit zu einem Unternehmensverbund. Das verdeutlicht, dass eine differenzierte Betrachtung angebracht ist. Je nach Sachverhaltsgestaltung können Synergien im Konzern auf Basis des Rückhalts oder aber anderen Ursachen beruhen. Neben den positiven Effekten von Vorteilen treten bspw. im Rahmen erhöhter Verwaltungs­auf­wen­dungen, bürokratischer Barrieren oder bei der Nutzung ineffizienter Informationstechnologie- oder Kommuni­kations­systeme negative Auswirkungen auf. Aufgrund des beabsichtigten Zusammenwirkens im Konzern sind aus Sicht der OECD Anpassungen für eine Aufrecht­erhaltung des Fremdvergleiches erforderlich. Zu bestimmen sind
 
  • die Art der Vor- oder Nachteile,
  • der Umfang des Vor- oder Nachteils sowie
  • ein zur Verteilung der Vor- oder Nachteile zwischen den verbundenen Konzernunternehmen geeigneter Schlüssel.
     
Generell sollten die entstehenden Synergien zwischen den Parteien anteilig, gemäß dem jeweilig geleisteten Beitrag, geteilt werden. So ist bspw. bei der Zusammenlegung von Einkaufsaktivitäten mit dem Ziel der Ausnutzung von Rabatten demjenigen, der die Aktivitäten koordiniert, vorab für diese Tätigkeit ein an­ge­mes­senes Entgelt zu entrichten. Die verbleibenden Vorteile werden anteilsmäßig nach den individuellen Einkaufsvolumina verteilt.
 

Praxisrelevanz

Die beschriebenen Ergänzungen der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze bedeuten eine Konkretisierung der in der Praxis immer wieder diskutierten verrechnungspreisseitigen Behandlung von Standortvorteilen und Rückhalt bzw. Synergien im Konzern. Gerade die Abschöpfung von Standortvorteilen birgt in der unternehmerischen Praxis große Bedeutung. Die von der OECD adressierten Aspekte zur Aufteilung der Standortvorteile sind an vielen Stellen noch auslegungsbedürftig. Sind allerdings Vergleichsunternehmen mit ähnlichen Transaktionen am Markt identifizierbar, kann von Fremdvergleichsanpassungen abgesehen werden.
 
Synergien sollten zwischen den Beteiligten generell anteilsmäßig nach dem jeweils geleisteten Beitrag verteilt werden. Wenngleich das dem Grunde nach einleuchtend ist, wird sich in der Praxis die Frage nach der Bestimmung der Höhe von Synergieeffekten und deren Einfluss auf andere Kapitel der OECD-Ver­rech­nungs­preis­grund­sätze stellen. So wäre denkbar, die innerhalb von sog. „shared service centern” erwirtschafteten Synergieeffekte anders zu verteilen, als es das neu überarbeitete Kapitel VII bei der Kostenzuordnung für „low value-adding intra-group services” vorsieht. Ob und in wie weit die Ergänzungen weitere, bisher nicht beleuchtete Einflüsse auf die betroffenen Unternehmen haben, bleibt abzuwarten.



[1]Vgl. OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017, Tz. 9.126.
[2]Vgl. Kuckhoff/Schreiber (1997), S. 101f.
[3]Vgl. ähnlich OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017, Tz. 9.127ff
[4]Vgl. OECD-Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles 2014, Tz. 1.108.
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