Umsatzsteuer: Bedeutende Änderungen als Maßnahmen in der „Corona-Krise“

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zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

Am 28. Mai 2020 hat der Deutsche Bundestag den Gesetzesentwurf der Regierungskoalition zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (sog. „Corona-Steuerhilfegesetz”) beschlossen, in dem auch eine umsatzsteuerliche Änderung, hier eine Steuersatzermäßigung für die Abgabe von Speisen (Restaurations-/Bewirtungsumsätze) befristet für ein Jahr vorgesehen ist; die Zustimmung durch den Deutschen Bundesrat erfolgte bereits wenige Tage nach dem Bundestag am 5. Juni 2020.

  

   

Mit noch weitreichenderen, bedeutenden Änderungen in Bezug auf die Umsatzsteuer – und hier als große Überraschung – wurde am 3. Juni 2020 durch die deutsche Bundesregierung ein Corona Konjunkturpaket verkündet, das seit 12. Juni 2020 bereits als Gesetzentwurf der Bundesregierung vorlag. Es sieht befristet bereits für Umsätze ab 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 die Senkung des Umsatzsteuersatzes von 19 Prozent auf 16 Prozent und des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 Prozent auf 5 Prozent vor. Die Verabschiedung des Gesetzes durch den Deutschen Bundesrat erfolgte nun in Sondersitzung am 29. Juni 2020. Ein begleitendes BMF-Schreiben zur Umsatzsteuersatzsenkung lag im Entwurf bereits vor (veröffentlicht am 15. Juni 2020). Der Entwurf wurde zwischenzeitlich einmal angepasst (hier Stand der Veröffentlichung auf der Internetseite des BMF vom 23. Juni 2020). Dieses BMF-Schreiben liegt nun final vom 30.6.2020 (Az. III C 2 - S 7030/20/10009 :004) vor. Neben einigen kleineren Änderungen und redaktionellen Veränderungen schon zur zweiten Entwurfsfassung ist besonders bedeutend für Unternehmer die Nichtbeanstandung in Ziffer 3.12. „Zu hoher Umsatzsteuerausweis in der Unternehmerkette”.

     

Verabschiedete Änderungen und geplante Änderungen in der Umsatzsteuer als „Corona Konjunktur- und Steuerhilfsmaßnahmen“

1. Restaurationsumsätze zu einem befristet ermässigten Steuersatz

Für sog. Restaurationsumsätze, hier speziell für die Abgabe von Speisen, die an Ort und Stelle, also in Restaurants, aber auch etwa in unternehmenseigenen und durch einen Unternehmer (Arbeitgeber) selbst betriebenen Kantinen ausgegeben und verzehrt werden, wird befristet auf ein Jahr ein ermäßigter Umsatzsteuersatz Anwendung finden.
 

Das sieht das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (sog. „Corona-Steuerhilfegesetz”) vor, welchem der Deutsche Bundesrat (Drucksache 290/20) so nach Gesetzentwurf der Regierung am 5. Juni 2020 unverändert in Bezug auf diese umsatzsteuerlichen Regelungen zustimmte.
 

Die Senkung des Umsatzsteuersatzes von derzeit 19 Prozent auf 7 Prozent (und nun durch die weiteren Corona-Konjunkturmaßnahmen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz sogar auf 5 Prozent vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020) auf die Abgabe von Speisen (Restaurations-/Bewirtungs- und Verpflegungsdienstleistungen) ist für ein Jahr vorgesehen, d.h. für Umsätze, die ab 1. Juli 2020 bis einschließlich 30. Juni 2021 ausgeführt werden. Dadurch soll eine Unterstützung vor allem des Gastronomiegewerbes erreicht werden.

  

Hinweise für die Praxis

Anwendbar ist die Regelung für alle Unternehmer, die die begünstigten Leistungen erbringen, wie beispielsweise Gaststätten und Gastronomiebetriebe, Cateringunternehmen, Bäckereien, Metzgereien, Kantinen und Mensabetriebe der öffentlichen Hand oder von gemeinnützigen Einrichtungen.
 

Ausgenommen von der Steuersatz-Ermäßigung bleibt die Abgabe von alkoholischen/alkoholfreien Getränken. Begünstigt ist nur der Anteil der Speisen an der Restaurationsdienstleistung, nicht aber der Anteil der Getränke. Ein Gesamtpreis (z.B. bei einem „Sparmenü") ist daher grundsätzlich entsprechend aufzuteilen, in einen Anteil für die begünstigten Speisen (7 Prozent, gegebenenfalls 5 Prozent) und einen Anteil für Getränke (19 Prozent, gegebenenfalls 16 Prozent). Die betroffenen Unternehmer müssen hier für den Zeitpunkt der Leistungserbringung beachten, dass für betreffenden Umsätze bis 30. Juni 2020 ein Steuersatz von 19 Prozent Anwendung findet, für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 ein Steuersatz von 5 Prozent, ab 1. Januar 2021 dann 7 Prozent und – nach derzeitigem Stand – wieder ab 1. Juli 2021 ein Steuersatz von 19 Prozent. Nach aktuellem BMF-Schreiben vom 2. Juli 2020 (Az. III C 2 -S 7030/20/10006 :006) wird es seitens der Finanzverwaltung für die befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Res­taurations-und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken nicht beanstandet, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 Prozent des Pauschalpreises angesetzt wird. In Abschn. 12.16 Abs. 12 Satz 2 UStAE wird daneben der in einem Pauschalpreis bisher vereinfachend angenommene Entgeltteil für nicht vom ermäßigten Steuersatz begünstigte Leistungen (von 20 Prozent) auf 15 Prozent geändert, wenn folgende in einem Pauschalangebot enthaltene nicht begünstigte Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z.B. „Business-Package“, „Servicepauschale“) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag ausgewiesen werden. Dies betrifft z.B. im Zusammenhang mit einer Hotelübernachtung die Abgabe eines Frühstücks, die Nutzung von Kommunikationsnetzen, die Nutzung von Saunaeinrichtungen oder die Überlassung von Fitnessgeräten oder Parkplätzen.
 

Zu beachten ist, dass diese Steuersatzermäßigung wohl auch für bestimmte „Kantinenumsätze", z.B. die selbstbetriebene Kantine durch einen Unternehmer/Arbeitgeber greift. Auch würde der Arbeitgeber wohl eingangsseitig mit weniger Kosten (reduziert um 12 bzw. 14 Prozentpunkte) belastet sein, wenn z.B. der Caterer, der bei ihm die Kantine als selbständiger Pächter betreibt, dem Arbeitgeber Abrechnungen zukommen lässt über dessen Zuschuss für Essen an seine Arbeitnehmer („Sachzuwendungen an sein Personal"), aus denen der Arbeitgeber keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann; hier ist er schlicht und positiverweise mit weniger nicht abziehbarer Umsatzsteuer belastet. 
 

Damit ist eine solche Ermäßigung nicht nur im ersten Blick für die typischen Gastronomiebetriebe beachtlich, sondern auf den zweiten Blick auch für eine Vielzahl weiterer Unternehmer, hier eingangs- und ausgangsseitig, in Bezug auf Aufwendungen aus Eingangsumsätzen und auf geschuldete und abzuführende Umsatzsteuer für erbrachte Restaurationsleistungen.

  

2. Befristete Senkung der Umsatzsteuersätze von 19 Prozent auf 16 Prozent und von 7 Prozent auf 5 Prozent

Als Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket wurde am 3. Juni 2020 durch die deutsche Bundesregierung ein Corona Konjunktur-, Krisenbewältigungs- und Zukunftspaket verkündet. Hierzu wurde auf 15 Seiten das Dokument „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken" als Ergebnis des Koalitionsausschusses veröffentlicht. Am 12. Juni 2020 wurde der Regierungsentwurf zum Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) veröffentlicht, nachdem das Bundeskabinett am 12. Juni 2020 erste umfangreiche Maßnahmen des Konjunkturpakets, darunter die befristete Senkung der Umsatzsteuer im zweiten Halbjahr 2020, beschlossen hat. Der Deutsche Bundesrat stimmte diesem Gesetzentwurf unverändert am 29. Juni 2020 zu, womit die Umsatzsteuersatzsenkungen nun verabschiedet sind und zum 1. Juli 2020 in Kraft treten.
 

Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland wird also befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 der Umsatzsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt, also grundsätzlich für Umsätze, die in diesem Zeitraum ausgeführt werden.

  

Hinweise für die Praxis

Das betrifft alle Unternehmer im Waren- und Dienstleistungsverkehr, die in Deutschland in dieser Zeitspanne steuerbare und steuerpflichtige Umsätze zu allen Regelsteuersätzen, also bisher 19 Prozent und 7 Prozent erbringen.
 

Zum 1. Januar 2007 wurde der davor geltende, nicht ermäßigte Umsatzsteuersatz von 16 Prozent auf 19 Prozent erhöht. In der Praxis kann nun aktuell das damals umfangreiche BMF-Schreiben vom 11. August 2006 (Az. IV A 5 - S 7210 - 23/06) zu den einzelnen umsatzsteuerlichen Abgrenzungsfragen analog auf die unterjährige Senkung des Steuersatzes angewendet werden; jedenfalls solange noch kein finales begleitendes BMF-Schreiben zur Steuersatzsenkung vorlag. Zwischenzeitlich wurde im Entwurf ein begleitendes BMF-Schreiben zur Umsatzsteuersatzsenkung vorgelegt, das großteils inhaltsgleich bzw. übertragen nun auf die befristete Steuersatzsenkung Erläuterungen enthält und zu den Abgrenzungsthemen z.B. bei Anzahlungen, Dauerleistungen, wiederkehrenden Leistungen Stellung nimmt sowie bestimmte Vereinfachungen für die Praxis vorsieht, etwa für die Rückzahlung von Pfandgelder, für (Jahres-)Rabatt- und Bonusgewährungen, für Strom-, Gas-, Wärmelieferungen oder Telekommunikationsleistungen. So sieht es für diese Fälle in umgekehrter Richtung der Steuersatzsenkung und nach der befristeten Senkung wieder die Erhöhung zurück auf 19 Prozent bzw. 7 Prozent nun auch der zwischenzeitlich einmal anpasste Entwurf eines begleitenden BMF-Schreibens „Befristete Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 1. Juli 2020" vor. Ein erster Entwurf eines BMF-Schreibens war am 12. Juni 2020 auf der Homepage des BMF veröffentlicht worden. Am 23. Juni 2020 wurde an gleicher Stelle ein überarbeiteter Entwurf veröffentlicht. Besonders bedeutend war im zweiten Entwurf die aufgenommene Nichtbeanstandungsregelung für B2B-Umsätze – also Umsätze zwischen zwei Unternehmern – im Juli 2020: Bei einem zu hohen Steuerausweis in der Rechnung, wonach also der leistende Unternehmer für eine nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. August 2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1. Juli 2020 geltenden Steuersatz (19 Prozent anstelle von 16 Prozent bzw. 7 Prozent anstelle von 5 Prozent) ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt hat, soll es nach Verwaltungsauffassung aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet werden, wenn der Unternehmer in den Rechnungen den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt. Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen unrichtigen Rechnungen im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) auch für die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. August 2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt. Das bedeutet, dass die Folgen eines unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG im B2B-Bereich (Steuerschuld des zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrags durch den Leistenden / Rechnungsaussteller und keine Vorsteuerabzugsberechtigung für den tatsächlich gesetzlich nicht geschuldeten Teil der Umsatzsteuer) für einen Monat ausgesetzt sind; aber das eben auch nur für einen Monat und nicht über die gesamte Laufzeit der befristeten Steuerermäßigung hinweg. Dies ist so nunmehr auch im finalen BMF-Schreiben vom 30.6.2020 (Az. III C 2 - S 7030/20/10009 :004) enthalten.
 

Wichtig für die Praxis, um eine stichtagsgenaue Umstellung sicherzustellen, sind regelmäßig die Abgrenzungsfragen in bestimmte Fallvarianten, wo beispielsweise wiederkehrende Leistungen erbracht werden (Dauerleistungen, z.B. steuerpflichtige Mietverhältnisse, Leasing) oder Umsätze erst in der Zeitpanne der Steuersatzsenkung erfolgen, aber bereits Anzahlungen auf Leistungen und diesbezügliche Rechnungsstellungen zuvor, also etwa vor dem 1. Juli 2020 erfolgt sind.

 

In Bezug auf die Einfuhrumsatzsteuer wurde nun zwischenzeitlich mit einem separaten BMF-Schreiben vom 16. Juli 2020 (Az. III C 2 -S 7300-a/19/10001 :004) seitens der Finanzverwaltung klargestellt, dass die Antwort, welcher Einfuhrumsatzsteuersatz bei der Einfuhr für das Unternehmen (und einen diesbezüglichen Vorsteuerabzug) anzuwenden ist, davon abhängt, wann dazu der Zeitpunkt der Lieferung dieser Ware (i.S.d. des Fiktion des Lieferzeitpunkts nach § 3 Abs. 6 bis 8 UStG) ist. 

 

Im nun final vorliegenden BMF-Schreibens ist aufgenommen und indiziert, dass es für diese „Phase der Niedrigsteuersätze" keine neuen Formulare der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Jahreserklärung geben wird. Die in diesem Zeitraum ausgeführten steuerpflichtigen Umsätze (zu beiden gesenkten Steuersätzen) sind etwa in einer Zeile, hier in Zeile 28 (des Vordrucks für 2020), bei „Steuerpflichtige Umsätze zu anderen Steuersätzen" einzutragen. Wie technisch (über welche Zeilen) Anzahlungen oder Vorauszahlungen zu noch fakturierten 19 Prozent etwa im Rahmen der Erklärung zu berücksichtigen / zu berichtigen sind, kann dem BMF-Schreiben entnommen werden.

 

Vereinfachend ist zudem im BMF-Schreiben enthalten, dass Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind (Abschnitt 14.1 Abs. 2 UStAE), an die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2021 geltenden Umsatzsteuersätze anzupassen sind, aber eine Rechnungs- / Vertragsergänzung i.S.d. § 31 Abs. 1 UStDV möglich ist. Daher reicht es aus, einen Vertrag durch ergänzende Unterlagen anzupassen, die unter Bezug auf den Vertrag alle erforderlichen Informationen zum Entgelt und Steuersatz für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 enthalten. Ein in Folge der Absenkung des Umsatzsteuersatzes angepasster Vertrag muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG alle nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthalten.

 

Zudem gibt es einen weiteren Maßnahmenvorschlag, hier zur Einfuhrumsatzsteuer, der ebenfalls umgesetzt wurde:
 

Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer – eine solche ist grundsätzlich bei Einfuhr von Waren mit deren Abfertigung in Deutschland in gleicher Höhe wie die Umsatzsteuersätze geschuldet – wird verschoben auf den 26. des zweiten Folgemonats.
 

Das verschafft Unternehmen in Deutschland, die Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sind (etwa bei mit dem drittländischen Lieferanten vereinbarten Incoterm® DAP Delivered At Place, früher verwendet DDU), einen Liquiditätseffekt. Laut Koalitionsausschuss ermöglicht es Unternehmen auch in Deutschland ein „level playing field" gegenüber vielen anderen EU-Mitgliedstaaten.

 

Allgemeine Hinweise für die Praxis

Da die Umsatzsteuer auf Waren und Dienstleistungen erhoben wird, bezahlt jeder private Verbraucher (Nichtunternehmer) diese Steuer beim Konsum in Deutschland. Von einer Steuersatzsenkung können damit grundsätzlich alle Verbraucher profitieren, wenn Unternehmer diese Steuersatzsenkung um drei bzw. zwei Prozentpunkte in ihren Preisen berücksichtigen und diese Senkung auch an ihre Kunden weiterreichen. Dadurch verspricht man sich ein Ankurbeln des Konsums.
 

Werden die Preise nicht um die Steuersatzreduzierung entsprechend gesenkt, können in der Hinsicht positiverweise Unternehmer ihre eigene Marge erhöhen. Nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, die Waren und Dienstleistungen von anderen Unternehmern beziehen, sollten jedenfalls eine Reduzierung ihrer Kosten eingangsseitig merken. Wichtig ist dabei, in Bezug auf Preisvereinbarungen etwaige Ausgleichsansprüche – letztlich eine zivil- / schuldrechtliche Thematik der Netto- oder Bruttopreisvereinbarung mit Kunden bzw. eine Frage der Vertrags- und Rechtslage – zu beachten, auch die spezielle zivilrechtliche Regelung in § 29 UStG zu Altverträgen oder langfristigen Verträgen.  
  

Da nun auch die zweite Maßnahme (nach dem Corona-Steuerhilfegesetz nun der Vorschlag eines Corona-Konjunkturpakets, hier das „Zweite Corona-Steuerhilfegesetz) gesetzlich noch vor dem 1. Juli 2020 verabschiedet wurde, was notwendig war, um die umsatzsteuerlichen Änderungen mit Wirkung ab 1. Juli 2020 in Kraft treten zu lassen, bedeutet das für Unternehmen in Bezug auf die Umsatzsteuer wie in den letzten auch noch in den kommenden Wochen erheblichen zeitlichen Engpass und erheblichen Aufwand, das alles in kürzester Zeit umzusetzen:
 

Buchhaltungs-/ERP-Systeme sowie Kassensysteme, ggf. auch das Warenwirtschaftssystem, sind entsprechend auf die neuen Steuersätze einzustellen, Rechnungslayouts entsprechend anzupassen, damit ab 1. Juli 2020 eine ordnungsgemäße Verbuchung und Fakturierung der Umsätze zum dann zutreffenden Steuersatz erfolgen kann. Unternehmer sind in der Regel heute auf die Unterstützung von IT-Kollegen angewiesen, die die entsprechenden Änderungen systemseitig vornehmen. Da das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz formal verabschiedet ist, ist die Umsetzung vorzunehmen; die meisten haben sie in den letzten Wochen bereits vorbereitet. Die Anpassungen sind bedingt durch eine doppelte Umstellung zum 1. Juli 2020 und zurück nach dem 31. Dezember 2020. Zu beachten ist, dass sich die Anpassungen nicht nur auf das Anlegen neuer Steuerschlüssel oder Steuerkonten beziehen (es sollten dringlich nicht einfach derzeit eingerichtete Steuerschlüssel überschrieben werden, sondern z.B. für die Ausgangs- und Eingangsseite, für Reverse Charge-Umsätze und innergemeinschaftliche Erwerbe jeweils neue für beide neuen Steuersätze angelegt werden, auch für die Einfuhrumsatzsteuer). Ebenso sollten die Anpassungen den Review und gegebenenfalls die Änderungen an der Ermittlungslogik bezüglich des Leistungszeitpunkts in den automatisierten Steuerfindungen im ERP-System beinhalten, um ordnungsgemäße Rechnungen oder Gutschriften erstellen zu können. Die viele Abgrenzungsfragen für Dauerleistungen, Vermietungen, gegebenenfalls Vereinfachungen bei Verträgen und Dauerrechnungen etwa für bei steuerpflichtigen Vermietungen, bei Mietverkäufen, Gutscheinen, Projektarbeiten, Jahresendanpassungen (Year End Adjustments), Jahresboni und -rückvergütungen etc. müssen gelöst werden.

 

Spannend wird dann auch die Überlegung, wie man etwa noch gestaltend über die „Phase der Niedrigsteuersätze" hinaus agieren könnte, um noch für Leistungen den gesenkten Steuersatz zu sichern, z.B. in dieser Phase für konkrete, einzeln feststehende Leistungen Einzweckgutscheine im zweiten Halbjahr 2020 auszugeben. Das gilt es, umsatzsteuerlich und auch wirtschaftlich / verkaufsfördernd detailliert zu überlegen.

 

Es gilt umsatzsteuerliche Risiken zu vermeiden, die durch einen unzutreffenden Steuersatzausweis potentiell ab 1. Juli 2020 bestehen, sofern zu den alten Steuersätzen noch abgerechnet wird, vor allem auf Ebene leistungsempfangender Unternehmer, die Vorsteuer nur in Höhe der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer geltend machen dürfen (also hier Eingangsrechnungen auf den zutreffenden Steuersatz im betreffenden Leistungszeitpunkt/-zeitraum stichtagsgenau prüfen sollten).

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