Joint Audit: Internationalisierung der Betriebsprüfung

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zuletzt aktualisiert am 8. April 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten
 
Nicht zuletzt seit Veröffentlichung des BEPS-Aktionsplans durch die OECD schreiten die Internat­ionalisierung des Steuerrechts und die Zusammenarbeit der nationalen Finanzbehörden über Ländergrenzen hinweg weiter voran. Besonders deutlich wird das im Bereich Verrechnungspreise. International tätige Unternehmen werden dabei mit Joint Audits konfrontiert.
 

  

Die Übereinstimmung der Verrechnungspreisergebnisse mit der globalen Wertschöpfung im Unternehmen steht immer mehr im Mittelpunkt der steuerlichen Auseinandersetzung. Die Entwicklung von internationalen Standards für die Dokumentation hat zu einer verbesserten Transparenz für die Steuerverwaltungen geführt. Beim Country-by-Country Reporting ist ein automatischer Informationsaustausch bereits umgesetzt. Die höhere Transparenz wird erwartungsgemäß zu einem stärkeren Verteilungskampf zwischen den Fisci um den Steuerkuchen führen – und zu einer Zunahme von Verrechnungspreisstreitigkeiten aus Sicht der Steuerpflich­tigen. Die wachsende Verbreitung von sog. „Joint Audits” spielt daher gerade bei Verrechnungspreis­sach­verhalten in Betriebsprüfungen eine gewichtige Rolle.

 

Simultanprüfung und Joint Audits

Um grenzüberschreitende Verrechnungspreissachverhalte einvernehmlich festzustellen und so internat­ionale Besteuerungskonflikte sowie Verständigungsverfahren zu vermeiden, zu vereinfachen bzw. zu verkürzen, sieht das Bundesministerium der Finanzen die Möglichkeit einer koordinierten steuerlichen Außenprüfung vor. Sie kann entweder als gleichzeitige steuerliche Außenprüfung (Simultanprüfung) oder als gemeinsame steuerliche Außenprüfung (Joint Audit) erfolgen. Im Gegensatz zu einer Simultanprüfung werden bei einer gemeinsamen steuerlichen Außenprüfung die Steuerbehörden der betreffenden Länder zeitgleich und gemeinsam vor Ort geprüft. Der Steuerpflichtige besitzt keinen Rechtsanspruch auf Durchführung eines Joint Audits, kann das jedoch „anregen”.

 

Aus Sicht des Steuerpflichtigen bergen Joint Audits Vor- und Nachteile. Durch die engere Zusammenarbeit werden mehr und detailiertere Informationen über die Gesellschaften zwischen den beteiligten Steuer­ver­waltungen ausgetauscht. Das ermöglicht aus Sicht der Behörden, die Angemessenheit der konzernweiten Verrechnungspreise besser überprüfen zu können und somit gegebenenfalls einvernehmlich Anpassungen zu Lasten des Unternehmens vorzunehmen. Ein gut ausgesteuertes Verrechnungspreissystem gewinnt zur Vermeidung von Risiken mehr denn je an Bedeutung. Allerdings liegt eine einvernehmliche Feststellung von Verrechnungspreissachverhalten nicht zuletzt auch im Interesse des Steuerpflichtigen. Das verschafft grenzüberschreitend tätigen Unternehmen Rechtssicherheit und sorgt dafür, dass potenzielle Doppel­besteuerungs­konflikte frühzeitig umgangen werden. Auch unnötige Bürokratie und hohe Kosten werden so erfolgreich vermieden.

 

Pilotprojekt zwischen Deutschland und Italien

Für die Finanzverwaltungen stellen Joint Audits genau wie für Unternehmen vielfach noch Neuland dar – mit rechtlichen Unsicherheiten im Detail. Dabei hat sich zwischen den Bundesländern de facto eine regionale Aufteilung der Zuständigkeiten entwickelt. In Bayern steht das Internationale Steuerzentrum in München beispielhaft für die verstärkte internationale Zusammenarbeit unter den europäischen Steuer­verwaltungen. Die im Jahr 2013 gegründete Arbeitsplattform leitet Joint Audits ein und unterstützt sie rechtlich sowie organisatorisch. Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt bisher auf Italien; hier insbesondere auf den Regionen Venetien, Lombardei und Bozen.  
 

Auch von italienischer Seite wird dem Thema große Bedeutung beigemessen: Das spiegelt sich nicht nur in der steigenden Anzahl von Joint Audits und der beginnenden Kooperation mit anderen Staaten. Die Joint Audits sind auch mit ein Grund dafür, dass in Italien sog. „Corresponding Adjustments” eingeführt wurden: Seit 2018 besteht die Möglichkeit, im Ausland durch Joint Audits erfolgte Verrechnungspreisanpassungen in Italien ohne aufwendige bi- oder multilaterale Verständigungsverfahren zu berücksichtigen. 
 

Fazit

Es ist absehbar, dass gemeinsame steuerliche Außenprüfungen künftig eine noch größere Rolle spielen werden, da sie ein wirksames Instrument für Steuerbehörden darstellen, entscheidungserhebliche Sach­verhalte vollständig und zeitlich effizient zu lösen. Sie sind mit Laufzeiten von i.d.R. weniger als einem Jahr schneller als andere vergleichbare Verfahren. Dabei müssen den Joint Audits aus Unternehmenssicht nicht zwangsläufig Nachteile entstehen. Die Ergebnisse können auch für kommende Sachverhalte Bedeutung haben, bspw. wenn ein Advance Pricing Agreement für abgeklärte Fragen schnell umgesetzt werden kann. Allerdings beinhalten die Verfahrensprozesse auch Besonderheiten, die zu beachten sind.

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