Entwurf Jahressteuergesetz 2024 – Erste Einblicke zu möglichen Änderungen in der Umsatzsteuer

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. April 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

Der nicht öffentliche Referentenentwurf des BMF aus April zu einem sog. Jahres­steuergesetz 2024 setzt mit Bezug auf die Umsatzbesteuerung notwendige Anpassungen an das EU-Recht sowie an die Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs um. Verteilt über das gesamte Umsatzsteuergesetz hinweg soll es Neuerungen geben, u.a. zum Ort der Leistung, zum (Klein-)Unternehmerbegriff, zu den Steuerbefreiungen, den Steuersätzen, der Rechnungsstellung und dem Vorsteuer­abzug. Flankiert werden diese materiell-rechtlichen Änderungen noch durch technische Anpassungen in der UStDV.

 
  


   

​Überblick zur Umsatzsteuer

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 sieht zur Umsatzsteuer notwendige Anpassungen an das EU-Recht sowie an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs vor. Die Anpassungen werden durch eine Vielzahl an thematisch selbstständigen bzw. nur partiell miteinander verbundenen Einzelmaßnahmen umgesetzt. 
 
In den Artikeln 20 bis 24 des Referentenentwurfs zum Jahressteuergesetz 2024 finden sich geplante Änderungen des Umsatzsteuergesetzes (im folgenden UStG-E) sowie der Umsatzsteuer-Durchführungs­verordnung (im folgenden UStDV-E). Für einen großen Teil dieser umsatzsteuerlichen Pläne steht deren Inkrafttreten noch nicht fest. Teilweise sollen Regelungen (z.B. zur Besteuerung von Kleinunternehmern) aber bereits ab dem 1.1.2025 gelten.
  
Es bleibt zu bedenken, dass das Gesetzgebungsverfahren erst begonnen hat und es sich hier um den (ersten) Referentenentwurf eines Jahressteuergesetz 2024 handelt. Es wird daher bei den meisten der Regelungen noch zu Anpassungen und Änderungen redaktioneller und/oder inhaltlicher Art kommen. Gleichwohl bildet ein Großteil der umsatzsteuerlichen Neuregelungen Unionsrecht ab bzw. setzt bestehende Rechtsprechung in nationale gesetzliche Vorschriften um. Bei diesen grundlegenden Themen sollten im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zumindest keine größeren „inhaltlichen“ Änderungen mehr notwendig sein. 
 

DIVERSE REGELUNGEN – EINE AUSWAHL

Im Referentenentwurf finden sich eine Vielzahl an Änderungen, die nachfolgend – nicht abschließend – in Kürze erläutert werden: 
  • Besteuerung der öffentlichen Hand: Die Übergangsfrist für die Umsatzbesteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts i.S.d. § 2b UStG soll noch einmal um 2 Jahre bis 31.12.2026 verlängert werden; bisher war ein Ablauf der letzten Verlängerung bis zum 31.12.2024 vorgesehen.
  • Klarstellungen der Definition der sog. Werklieferung in § 3 Abs. 4 S.1 UStG-E: Hier wird das Wort „fremd“ in den Gesetzeswortlaut eingefügt. Somit wird die Definition der Werklieferung im Gesetz nun an die geänderte Rechtsprechung des BFH angepasst, der auch zwischenzeitlich die Finanzverwaltung folgte. Eine Werklieferung liegt hiernach nur vor, wenn der Unternehmer einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet. Fehlt es an einem fremden Gegenstand, liegt keine Werklieferung, sondern eine sog. Montagelieferung vor.
  • § 14c Abs. 2 S. 2 UStG-E soll in Ergänzung eine Steuerschuld bei einem unberechtigten Steuerausweis auch bei Gutschriften vorsehen. Nach derzeitiger Ansicht der Finanzverwaltung wird bei Gutschriften keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründet, wenn der Gutschriftempfänger ein Nichtunternehmer ist (vgl. BMF-Schreiben vom 19.8.2021, Az. III C 2-S 7283/19/10001:002, 2021/0904800).
  • Ab 1.1.2026 soll der Vorsteuerabzug in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG-E neu geregelt werden: Mit Blick auf die Umsetzung von EuGH-Rechtsprechung, wonach die Umsatzsteuer auf eine Leistung und der daraus resultierende Vorsteuerabzug zeitlich korrespondierend entstehen sollen, wird zukünftig insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorsteuerabzugs aus einer Rechnung differenziert werden zwischen

    (1) ​Leistung durch einen Soll-Versteuerer – hier wird für den Vorsteuerabzug auf den Zeitpunkt der Ausführung der Leistung abgestellt,

    (2) Leistung durch einen Ist-Versteuerer i.S.d. § 20 UStG – hier ist für den Vorsteuerabzug erforderlich, dass eine Zahlung auf eine ausgeführte Leistung geleistet worden ist und

    (3) dem Vorsteuerabzug aus Anzahlungsrechnungen – hier muss eine Zahlung geleistet worden sein. ​​​

    Diese Änderung bewirkt insbesondere bei Leistungserbringung durch sog. Ist-Versteuerer eine spätere Geltendmachung des Vorsteueranspruchs der Leistungsempfänger. Denn diese waren bisher bereits zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Leistung an sie ausgeführt war, unabhängig davon, wann sie das Entgelt für die Leistung gezahlt haben. Flankierend hierzu soll § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6a UStG-E eine neue Pflichtangabe für Rechnungen vorsehen. Sofern der leistende Unternehmer die Steuer nach § 20 UStG berechnet, muss die Rechnung die Angabe „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ enthalten. Entsprechendes soll § 33 UStDV-E auch für Rechnungen über Kleinbeträge und § 34 UStDV-E für Fahrausweise gelten. 
  • § 15 Abs. 4 S. 3 UStG-E: Mit der Neuformulierung wird klargestellt, dass eine Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur zulässig ist, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist.
  • Es wird mit § 30 UStG-E ein neuer Paragraph zur fiktiven Behandlung von Nordirland als EU-Gebiet für Leistungen nach dem 1.1.2020 (Brexit) eingeführt. Das Vereinigte Königreich gehört bereits seit 1.1.2021 zum Drittlandsgebiet. Für den Warenverkehr wird Nordirland weiterhin als dem Gemeinschaftsgebiet zugehörig angesehen. Zudem ist eine Regelung zur Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mit dem Präfix „XI“ im UStG enthalten. Dies war bereits in entsprechenden BMF-Schreiben (vgl. BMF-Schreiben vom 10.12.2020, Az. III C 1- S 7050/19/10001:002 und BMF-Schreiben vom 15.3.2022, Az. III C 3 – S 7133/21/10001:001) geregelt und wird nun klarstellend in das deutsche Umsatzsteuergesetz aufgenommen.
  • Besteuerung in Land- und Forstwirtschaft: Die Pauschalsätze werden auf 8,4 Prozent angepasst.
 

AUS DEM BEREICH DER STEUERBEFREIUNGEN

  • ​Die gesamte Regelung zum Umsatzsteuerlager (bisher in § 4 Nr. 4a UStG) wird aufgehoben; Inkrafttreten ab 1.1.2026 geplant. Dies ist für bestimmte Fälle von Warenlieferungen (etwa von Wein) in der Praxis bedeutend. 
  • § 4 Nr. 8 a, g UStG-E: Es ist die Einführung einer neuen Steuerbefreiung der Leistungen von Konsortial­führern geplant, so dass § 4 Nr. 8 UStG unionsrechtskonform um die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch den Kreditgeber ergänzt wird.
  • Neuformulierung der Steuerbefreiungen für Bildungsleistungen und sportliche Veranstaltungen (§ 4 Nr. 21, 22 UStG-E). Dadurch soll die Steuerbefreiungen vollständig an das EU-Recht angepasst werden. In § 4 Nr. 21 UStG-E wird das Bescheinigungsverfahren dazu abgeschafft. Nach § 4 Nr. 22 UStG-E soll auch im nationalen Recht verankert sein, dass die Überlassung von Anlagen durch Sportvereine, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen, nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

   

SONSTIGES – LEISTUNGSORT BEI ONLINE-STREAMING UND KLEINUNTERNEHMER

  • Durch eine Neuformulierung der Ortsvorschrift von Veranstaltungsleistungen in § 3a Abs. 3 Nr. 3 UStG-E soll der Ort von auf virtuellem Weg erbrachten Dienstleistungen in diesem Bereich geregelt werden, d.h. Dienstleistungen/Veranstaltungen, die per Online-Streaming übertragen werden. Der Ort der Leistung soll sich nach dem Ort des Verbrauchs richten, der bei Unternehmerkunden (im B2B-Fall) nach dem Sitz bzw. bei Nichtunternehmern/Privatkunden (im B2C-Fall) nach dem Ansässigkeits-, Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Leistungsempfängers bestimmt wird. ​

    ​In diesem Sinne wird auch die gesetzliche Regelung des § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG angepasst. Die Regelung betrifft insbesondere das Streaming von Veranstaltungsleistungen. Diese werden zukünftig nicht mehr am Veranstaltungsort zu besteuern sein, wenn die Teilnahme nur virtuell erfolgt. 
  • Der Referentenentwurf enthält eine umfassende Neufassu​ng der Besteuerung von Kleinunternehmern zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben. Deutschland setzt diese Vorgaben mit einem geänderten § 19 UStG-E (Besteuerung der Kleinunternehmer) und einem neuen § 19a UStG-E (Besonderes Meldeverfahren) um. Flankiert werden diese gesetzlichen Regelungen durch eine neue Vorschrift zur Rechnungstellung von Kleinunternehmern in § 34a UStDV-E.

    Unter anderem werden zukünftig die Schwellenwerte der Umsätze des Vorjahres bzw. des laufenden Kalenderjahres auf EUR 25.000 und EUR 100.000 angehoben und auch in ihrer Wirkungsweise umgestaltet. Der neue § 19a UStG-E sieht ein besonderes Meldeverfahren vor, das es Kleinunternehmern – anders als bislang – möglich macht, auch in anderen EU-Mitgliedstaaten von der jeweils nationalen Kleinunternehmer­regelung zu profitieren. Vice versa können auch in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer die Kleinunternehmerregelung in Deutschland in Anspruch nehmen. Hierzu wird u.a. eine neue Kleinunternehmer-Identifikationsnummer eingeführt. Ein neu eingefügter § 34a UStDV-E wird spezielle Vorschriften zur Rechnungsstellung durch Kleinunternehmer enthalten. Ein Inkrafttreten dieser Regelungen zur Internationalisierung der Kleinunternehmerregelung ist ab 1.1.2025 geplant.​​
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