Die Neufassung der F-Gase-Verordnung (EU) 2024/573 – Ein bedeutender Schritt in der EU-Gesetzgebung zur Kontrolle fluorierter Treibhausgase

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​veröffentlicht am 2. Mai 2024​




Die neu eingeführte Verordnung (EU) 2024/573 (im Folgenden F-Gase-VO genannt), die sich auf fluorierte Treibhausgase bezieht, trat am 11.3.2024 in Kraft und ersetzte nach intensiven Verhandlungen die vorherige Verordnung (EU) Nr. 517/2014. Diese EU-Verordnung ist in Deutschland unmittelbar anwendbar und muss ansonsten nur in einzelnen Aspekten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Überarbeitung markiert einen signifikanten Fortschritt bei der Reduzierung von Emissionen fluorierter Treibhausgase und umfasst wesentliche Bestimmungen zu Themen wie Dichtheitsprüfungen, Zertifizierung, Entsorgung, Kennzeichnung und Emissionsbegrenzung.


Anwendungsbereich​

Artikel 2 der Neufassung der F-Gase-Verordnung definiert erstmals den Anwendungsbereich der Verordnung. Dieser umfasst: 

  • „die in den Anhängen I, II und III aufgeführten fluorierten Treibhausgase, unabhängig davon, ob sie allein oder als Gemische vorliegen, und
  • Erzeugnisse und Einrichtungen, einschließlich ihrer Teile, die fluorierte Treibhausgase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen.”

Diese Neuerung stellt eine wichtige Klarstellung gegenüber der alten Version der F-Gase-VO dar, da sie den Geltungsbereich der Verordnung präzisiert und erweitert. Sie bezieht sich nun nicht nur ausschließlich auf fluorierte Treibhausgase, sondern auch auf Produkte und Einrichtungen, die diese Gase enthalten oder für ihre Funktion benötigen. Dies könnte eine breitere Palette von Industrien und Anwendungen betreffen und dazu beitragen, die Emissionen von fluorierten Treibhausgasen weiter zu reduzieren.

Änderungen gegenüber der Vorgänger-VO ​

Vermeidung von Emissionen

Ziel der Verordnung ist die Vermeidung von Emissionen fluorierter Treibhausgase. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 ist eine absichtliche Freisetzung dieser Gase in die Atmosphäre verboten, es sei denn, sie ist für den vorgesehenen Gebrauch technisch notwendig. Schon in der vorherigen Verordnung war vorgeschrieben, Vorkehrungen zur Verhinderung von Leckagen zu treffen und alle technisch und wirtschaftlich durchführbaren Maßnahmen zur Minimierung von Leckagen zu ergreifen. Dies galt ausdrücklich nur für unbeabsichtigte Freisetzungen. Nun müssen auch bei einer absichtlichen, technisch notwendigen Freisetzung explizit Maßnahmen ergriffen werden, um freigesetzte Gase aufzufangen. Neu ist auch, dass bei der Herstellung, Lagerung, Beförderung und Umfüllung fluorierter Treibhausgase von einem Behälter oder System in einen anderen Behälter oder ein anderes System, in eine Einrichtung oder in eine Anlage […] entsprechende Vorkehrungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Leckagen getroffen werden müssen.
Sollte bei einem der genannten Fälle eine Leckage auftreten, muss diese unverzüglich repariert werden. Nach der neuen Verordnung muss bei Einrichtungen, für die eine Dichtheitskontrolle nach Artikel 5 vorgeschrieben ist und bei denen eine Undichtigkeit repariert wurde, eine Bestätigung der Reparatur innerhalb eines Monats durch eine gemäß Artikel 10 zertifizierte natürliche Person erfolgen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Überprüfung der Reparatur frühestens nach einer Betriebszeit von 24 Stunden erfolgen darf, mit Ausnahme für bestimmte mobile Einrichtungen.

Dichtheitskontrollen, Leckage-Erkennungssysteme und Aufzeichnungen

Mit der alten Verordnung (EU) Nr. 517/2014 wurden Betreibern von Kälte- und Klimaanlagen bereits eine Reihe von Wartungs- und Instandhaltungspflichten auferlegt. Diese Pflichten bleiben mit der neuen F-Gase-Verordnung weitestgehend bestehen und werden sogar erweitert. Betreiber von ortsfesten Einrichtungen, wie Kälte- und Klimaanlagen, Wärmepumpen, Brandschutz-
einrichtungen und elektrischen Schaltanlagen, müssen weiterhin Dichtheitskontrollen durchführen, wenn diese fluorierte Treibhausgase enthalten, die in Anhang I oder II Gruppe 1 aufgeführt sind (Artikel 5).

Eine Neuerung ist der Anhang II Gruppe 1. Die hier aufgeführten Anlagen mit HFO (Fluorolefinwasserstoff)-Kältemitteln ab einer Menge von mindestens einem Kilogramm, die nicht Bestandteil von Schäumen sind, müssen nun auch einer Dichtheitskontrolle unterzogen werden. Die bestehenden Anforderungen an das Prüfintervall bleiben unverändert. Diese Änderungen verdeutlichen die fortgesetzten Bemühungen der EU, die Emissionen von fluorierten Treibhausgasen weiter zu reduzieren.


​Menge
​Intervall Dichtheitskontrolle
​fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang I
​weniger als
50 t CO2-Äquivalent (keine Beschränkung mehr ab 5 t)
​≤ 12 Monate ohne LES
≤ 24 Monate mit LES
​fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang II Gruppe 1
​weniger als 10 kg​​≤ 12 Monate ohne LES
≤ 24 Monate mit LES​
​fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang I
​mindestens 50 t und weniger als
500 t CO2-Äquivalent
​​≤ 6 Monate ohne LES
≤ 12 Monate mit LES​
fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang II Gruppe 1
​10 bis 100 kg
​​≤ 6 Monate ohne LES
≤ 12 Monate mit LES​
​fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang I
​mindestens 500 t CO2-Äquivalent
​​≤ 3 Monate ohne LES
≤ 6 Monate mit LES​
fluorierte Treibhausgase gemäß Anhang II Gruppe 1
​100 kg oder mehr
​​≤ 3 Monate ohne LES
≤ 6 Monate mit LES​
LES = Leckage-Erkennungssystem 

Tab. 1: Intervalle für Dichtheitskontrollen​


In Übereinstimmung mit Artikel 6 sind Leckage-Erkennungssysteme nach wie vor unerlässlich. Sie sind insbesondere auch in ortsfesten Anlagen, die fluorierte Treibhausgase in Mengen von 100 Kilo oder mehr enthalten, gemäß Anhang II Gruppe 1 einzubauen. Diese Anforderung unterstreicht die fortwährende Notwendigkeit, Leckagen zu überwachen und zu verhindern, um die Umweltauswirkungen dieser Gase zu minimieren.

Für Anlagen, für die eine Dichtheitskontrolle vorgeschrieben ist, müssen Betreiber Aufzeichnungen über die verwendeten fluorierten Treibhausgase führen (Artikel 7). Diese Aufzeichnungen müssen nicht nur den Zeitpunkt und das Ergebnis der durchgeführten Kontrollen dokumentieren, sondern auch den Zeitpunkt und das Ergebnis der durchgeführten Reparaturen von Undichtigkeiten.

Eine neue Anforderung betrifft Unternehmen, die nicht hermetisch geschlossene Einrichtungen verkaufen, die mit bestimmten fluorierten Treibhausgasen (aufgeführt in Anhang I und II Gruppe 1) befüllt sind. Diese Unternehmen müssen nun ebenfalls Aufzeichnungen über ihre verkauften Einrichtungen und die zertifizierten Unternehmen, die die Installation durchführen, dokumentieren. Das Gleiche gilt auch für Unternehmen, die bestimmte Stoffe (aufgeführt in Anhang I Gruppe 1) herstellen, in Verkehr bringen, liefern oder empfangen, die für bestimmte ausgenommene Verwendungen bestimmt sind. Auch diese Unternehmen müssen nun Aufzeichnungen führen. Durch die Erweiterung der Vorschriften erhöht sich die Verantwortlichkeit in diesem Bereich weiter.

Es ist wichtig zu beachten, dass alle Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden müssen. Außerdem müssen sie auf Anordnung der zuständigen Behörde des jeweiligen Mitgliedstaats oder der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Diese Anforderungen unterstreichen die Bedeutung der Transparenz und Verantwortlichkeit im Umgang mit fluorierten Treibhausgasen.

Phase-down – Beschränkungen des Inverkehrbringens

Die Menge an F-Gasen, die jährlich auf den Markt gebracht werden darf, wird stetig weiter reduziert. Mit der neuen Verordnung erfolgt diese Reduzierung noch schneller und umfangreicher als bisher. Zudem werden die zugelassenen Kältemittel für neue Installationen weiter begrenzt. Dies erfordert von den Betreibern eine erhöhte Sorgfalt im Umgang mit den Kältemitteln, da diese beispielsweise leicht entflammbar sind.

F-Gas-Portal

Im Rahmen von Artikel 20 wird von der Kommission ein digitales System implementiert (F-Gas-Portal). Dieses dient der Regulierung des Quotensystems, den Anforderungen an die Lizenzvergabe für Importe und Exporte sowie der Berichterstattung über fluorierte Treibhausgase. Unternehmen sind verpflichtet, sich in diesem System zu registrieren, um spezifische Aktivitäten durchzuführen. Dazu gehören beispielsweise der Import und Export von fluorierten Treibhausgasen sowie von Produkten und Anlagen, die diese Gase enthalten (siehe Absatz 4). Durch dieses System wird Transparenz gewährleistet und die Einhaltung der Vorschriften sichergestellt.

Handelskontrollen und Maßnahmen zur Überwachung eines illegalen Handels

Ein weiterer Aspekt der Neuregelung sind umfassende Handelskontrollen für fluorierte Treibhausgase und für Produkte und Anlagen, die diese Gase enthalten. Diese Kontrollen werden von den Zoll- und Marktüberwachungsbehörden durchgeführt, um die Einhaltung der Verordnung sicherzustellen und illegalen Handel zu verhindern (Artikel 23). Unternehmen sind verpflichtet, sich strikt an die Vorgaben zu halten und entsprechende Nachweise und Dokumentationen vorzuhalten, um Handelsbeschränkungen zu vermeiden. Mit Artikel 24 wird eine zusätzliche Maßnahme zur Bekämpfung des illegalen Handels mit fluorierten Treibhausgasen eingeführt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den illegalen Handel effektiv einzudämmen, indem transparente, nachvollziehbare und kontrollierbare Prozesse etabliert werden.

Umsetzung in deutsches Recht

Die Umsetzung der letzten F-Gase-Verordnung aus 2014 führte zur Überarbeitung der Chemikalien-Klimaschutzverordnung (ChemKlimaschutzV) und zur Einführung von Sanktionsvorschriften durch die Ergänzung der Chemikalien-Sanktionsverordnung (ChemSanktionsV). Beide Bundesverordnungen müssen nun innerhalb eines Jahres an die neue EU-Verordnung angepasst werden. Hierzu können die offiziellen Bekanntmachungen im Bundesanzeiger oder der Newsticker in unserem Regelwerksinformationssystem REG-IS verfolgt werden, um auf dem Laufenden zu bleiben. Diese Anpassungen sind ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der neuen F-Gase-Verordnung und tragen zur Verbesserung des Klimaschutzes bei.

Fazit​

Die überarbeitete F-Gase-Verordnung (EU) 2024/573 markiert einen signifikanten Fortschritt in der EU-Gesetzgebung zur Kontrolle und weiteren Verringerung fluorierter Treibhausgase. Sie erweitert ihren Anwendungsbereich und zielt auf eine umfassendere Reduzierung von Emissionen ab, während bestehende Maßnahmen durch die Einführung detaillierterer Vorschriften verschärft werden. Zu den Neuerungen gehören das Verbot der absichtlichen Freisetzung von F-Gasen, erweiterte Pflichten zur Wartung und Reparatur, die Implementierung eines digitalen F-Gas-Portals zur Überwachung und eine verstärkte Bekämpfung des illegalen Handels. Insgesamt stellt die Neufassung der F-Gase-Verordnung ein beispielhaftes Agieren der Europäischen Union dar, die Herausforderungen des Klimawandels durch präzise und weitreichende Gesetzgebung anzugehen, während gleichzeitig Anpassungen von Industrie und Betreibern gefordert werden.





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