BFH: Betriebe gewerblicher Art und deren Zusammenfassung

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veröffentlicht am 23. August 2023

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in mehreren neueren Entscheidungen mit dem Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) und der Zusammenfassung von solchen beschäftigt. Demnach begründet die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft immer einen BgA. Bei einer Holdinggesellschaft in Form einer Personengesellschaft, die ertragsteuerliche Organschaften mit Tochtergesellschaften eingeht, entstehen durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften keine zusätzlichen BgA. Gleichartigkeit (§ 4 Abs. 6 Nr.1 KStG) als Voraussetzung für die Zusammenfassung von BgA liegt vor, wenn die gewerblichen Betätigungen in demselben Gewerbezweig ausgeübt werden. Die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verbindung nach § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG erfordert eine sachliche und organisatorische Verbindung. Die Verrechnung des steuerlichen Ergebnisses von BgA-Beteiligungen mit anderen BgA erfolgt nach den Zusammenfassungsgrundsätzen. Sie können nicht rückwirkend aufgelöst oder geändert werden.

 

Der BFH bestätigte und konkretisierte in drei aktuellen Urteilen (BFH vom 18.1.2023 I R 9/19, BFH vom 18.1.2023 I R 16/19, BFH vom 15.3.2023 I R 49/20) seine Rechtsprechung zum Vorliegen von Betrieben gewerblicher Art (BgA) bei Beteiligungen an Personengesellschaften und zur Zusammenfassung von BgA. Die Entscheidungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung der Unternehmensstruktur kommunaler Unternehmen, da sich durch sie der Gestaltungsspielraum erheblich verengt hat.

 

Im Detail:

 

I. BFH zum Vorliegen von BgA bei Beteiligung an Personengesellschaften

 

Der BFH bekräftigte, dass die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft stets einen BgA begründet, auch wenn deren Gegenstand bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPöR) keinen BgA darstellen würde (BFH vom 18.1.2023 I R 9/19).

 

Fungiert eine Personengesellschaft als Holdinggesellschaft und begründet sie ertragsteuerliche Organschaften mit Tochtergesellschaften, werden durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften keine weiteren BgA vermittelt (BFH vom 18.1.2023 I R 16/19).

 

Der BFH ließ jedoch ausdrücklich offen, ob eine Mitunternehmerschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts einen oder mehrere BgA vermitteln kann und inwieweit die Anzahl der vermittelten BgA davon abhängt, ob die Mitunternehmerschaft verschiedene Tätigkeiten von herausgehobener wirtschaftlicher Bedeutung ausübt, die auf Ebene der jPöR einen (eigenen) BgA darstellen würden (BFH vom 18.1.2023 I R 9/19). Da die jeweiligen BgA gleichwohl aufgrund der Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft resultieren, können diese nach unserer Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Gleichartigkeit zusammengefasst werde.

 

II. BFH zur Zusammenfassung von BgA

 

Nach § 4 Abs. 6 KStG können BgA zusammengefasst werden, wenn sie gleichartig sind (Nr.1) oder wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (Nr. 2) oder wenn Versorgungsbetriebe im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG vorliegen (Nr. 3).

 

Hierzu konkretisierte der BFH zunächst die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 KStG:

Gleichartigkeit (Nr. 1) liegt vor, wenn die gewerblichen Betätigungen in demselben Gewerbezweig ausgeübt werden. Dabei ist in erster Linie auf die gewerbliche Betätigung selbst und damit auf das äußere Erscheinungsbild des jeweiligen BgA abzustellen und nicht auf die damit verfolgten Ziele. Nicht entscheidend für die Gleichartigkeit sind die aus Sicht der Trägerkörperschaft übergeordneten Betriebszwecke.

 

Darüber hinaus kann Gleichartigkeit vorliegen, wenn sich die gewerblichen Betätigungen zwar unterscheiden, aber einander ergänzen. So können, wenn eine hinreichende funktionelle Verbindung besteht, einander ergänzende gewerbliche Tätigkeiten im Falle unterschiedlicher Produktions- und Vertriebsstufen vorliegen (BFH vom 15.3.2023 I R 49/20).

 

Die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht (Nr. 2) konkretisierte der BFH dahingehend, dass diese eine sachliche und eine organisatorische Verflechtung voraussetzt (BFH vom 18.1.2023 I R 9/19).

 

Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, der nach der Verkehrsauffassung die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt. Dabei liegen Anhaltspunkte für eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht regelmäßig dann vor, wenn sich anlässlich des bestimmungsgemäßen Wirtschaftens eines Betriebs gleichzeitig Vorteile für den anderen Betrieb ergeben, die sich nicht allein auf eine Verknüpfung und einer subjektiven Willensentscheidung begründen, sondern zwangsläufig sind, zum Beispiel aufgrund chemischer oder physikalischer Vorgänge.

 

Eine organisatorische Verflechtung kann angenommen werden, wenn diese in einer Personenhandelsgesellschaft organisiert sind. Durch die Personengesellschaft erfolgt regelmäßig u.a. eine einheitliche Buchführung, eine interne Aufgabenverteilung bzw. Leitung und einheitliche Vertretungsregeln. Eine anderweitige Zusammenfassung wäre allenfalls dann möglich und steuerrechtlich anzuerkennen, wenn die durch die Organisation in Form einer Personengesellschaft zum Ausdruck kommende organisatorische Verflechtung durch gegenteilige Indizien entkräftet würde.

 

Daneben stellte der BFH klar, dass eine einmal erfolgte Zusammenfassung nicht wieder rückwirkend aufgelöst und anderweitig vorgenommen werden kann. Insoweit besteht kein (steuerliches) Wahlrecht, das bis zu einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung beliebig ausgeübt werden könnte (BFH vom 18.1.2023 I R 9/19).

 

So scheiterten die klagenden Städte mit ihrem Versuch, die Verluste der BgA durch eine nachträgliche Zusammenfassung rückwirkend zu verrechnen. Denn der BFH entschied weiter, dass eine Verrechnung des steuerrechtlichen Ergebnisses der BgA Beteiligung mit einem anderen BgA nur nach den Zusammenfassungsgrundsätzen und nicht durch bloße Einlage in das gewillkürte Betriebsvermögen möglich ist (BFH vom 18.1.2023 I R 16/19).

 

Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung der Unternehmensstruktur kommunaler Unternehmen. Durch die jüngsten Entscheidungen des BFH hat sich der Gestaltungsspielraum mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres erheblich verengt.

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